OLIVER PLASCHKA

Das Licht hinter den Wolken

LIED DES ZWEI-RINGE-LANDS

Klett-Cotta- Hobbit Presse

IMPRESSUM

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Hobbit Presse

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Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg

unter Verwendung einer Illustration von Max Meinzold, München

Illustrationen: Karin Graf

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-96138-6

E-Book: ISBN 978-3-608-10426-4

Denen, die im Namen Serayas reisten.

If you said let’s go

If you said I’m sick of this place

I would listen to you

I wouldn’t hesitate

And whether it’s for a town

A godforsaken place

It wouldn’t bother me

I’d be ready as if

I was waiting

Calexico, Si Tu Disais

I did not mean to shout.

Just drive Just get us out, dead or alive

The road’s too long to mention –

Lord, it’s something to see! –

Laid down by the

Good Intentions Paving Company

Joanna Newsom,

Good Intentions Paving Company

Abbildung

INHALT

I
Wie alles beginnt

II
Das Schloss aus Tränen und Kristall

III
Die Ballade von Banneisen und Schneeklinge. Erster Teil

IV
Die Enden der Welt

V
Nicht Zeit noch Ort

VI
Die Ballade von Banneisen und Schneeklinge. Zweiter Teil

VII
Das Licht hinter den Wolken

Zeittafel

Danksagung

I
WIE ALLES BEGINNT

Abbildung

Der Zauberer im Schnee – Gabors Furt – Sariks Traum – Hochzeitsnacht – Sariks Erwachen – April hat Geburtstag – Was man kriegt, wenn man sich mit Fremden einlässt – Das Versprechen – Der kleine Toni – Sarik und Zeona – Der Verrat – Janner und April – Sarik und Korianthe – Die Verwandlung

DER ZAUBERER IM SCHNEE

Keine Geschichte beginnt ohne das, was zuvor passiert ist. Länder haben ihre Legenden, Völker ihre Mythen und Männer und Frauen ihre Erinnerung, die sie erst zu dem macht, was sie sind – und manchmal daran hindert, die zu werden, die sie sein wollen.

Für April beginnt die Geschichte an einem Wintertag. Schneeflocken treiben durch die kristallklare Luft, wie Kirschblüten im Frühjahr. April, fast sieben und wie immer allein, rennt in ihrem Wollmantel über die alte Weide am Dorfrand, spürt Eichhörnchen nach oder malt Figuren in den Schnee. Sie hat nur wenige Freunde, und ihren Vater meidet sie, so gut sie kann. Der plötzliche und unerwartete Wintereinbruch ist eine willkommene Abwechslung.

Da sieht sie den Mann in dem blauen Umhang in einiger Entfernung auf der anderen Seite des Zauns, wo die Wiese sich bis zum Wald hin erstreckt. In der anderen Richtung führt sie hinunter zum Fluss, dessen Ufer seit Wochen von einer dünnen Eisschicht überzogen sind, blind von Nebel und Schnee. Der Mann steht verloren in einem Meer silbernen Schilfgrases, dessen erstarrte, gebrochene Halme in alle Richtungen weisen. Auf dem Kopf trägt er einen eigenartigen Hut, der sie an einen vornehmen Herrn denken lässt.

Neugierig tritt April näher.

Die östlichen Provinzen sind in den späten Jahren des sechzehnten Jahrhunderts pherenidischer Zeitrechnung kaum das, was man als eine sichere Gegend bezeichnen würde. Das Strahlende Reich steht vor dem Auseinanderbrechen, ein Kaiser folgt dem nächsten ins Grab, und die Präfekten und Dons walten, wie ihnen beliebt. Häufig tragen sie ihre Streitigkeiten mit Gewalt aus, und wechselnde Propheten geben ihr Möglichstes, die Menschen von dem Gedanken abzubringen, dass das Leben vielleicht mehr bereithalten könnte als Krieg oder leere Versprechen.

Geschichten über Magie und jene, die sie wirken, hat man ins Reich der Phantasie verbannt. Statt zu Stürmen und Fluten zu beten, beginnt man sie zu erklären und im Leid Gerechtigkeit zu suchen. Die meisten Menschen haben diesen Wandel willkommen geheißen, bald aber gemerkt, dass er sie weder glücklicher noch reicher macht; und Misstrauen hat sie entzweit.

Aus all diesen Gründen hätte sich April dem Fremden auf der anderen Seite des Zauns vielleicht besser nicht genähert. Sie hat aber nie an diese neue, erklärbare, gerechte und misstrauische Welt geglaubt. Sie hat immer eine andere Wahrheit gekannt, und ihre Lehrer waren Träume und Pein.

Fealvkind – so rufen sie die anderen Kinder, bis Tränen oder Zorn die Oberhand gewinnen. Sie fragen: Sehen deine Augen in der Nacht? Die meisten von ihnen wissen nicht einmal, wovon sie sprechen. So lange sie denken kann, hat sich nie ein echter Fealv nach Gabors Furt verirrt, und die meisten ihrer mutmaßlichen Kinder entpuppen sich früher oder später als das Ergebnis von Seitensprüngen, die ihre Eltern in große Erklärungsnot bringen – vielleicht haben sie deshalb ihre Kinder gelehrt, ein Auge auf alles zu halten, was aus ihrer Mitte heraussticht.

Und April sticht heraus. Sie ist ein blasses Kind mit strohblondem Haar und Augen, so hell wie die Steine im Fluss (später werden sie einen warmen Bernsteinton annehmen, und ihr Haar die Farbe von Sommerweizen). Vor allem aber weiß sie manchmal Dinge, die sie nicht wissen sollte: Ihre Sinne, so scheint es, leisten geradezu Unheimliches, ganz als ob die alte Redensart von den Sehenden Augen nur für sie erfunden worden wäre.

Der Fremde auf der anderen Seite des Zauns ist groß und gehört eindeutig nicht hierher. Wie ein seltenes Tier schreitet er aus dem Schilf auf die schneebedeckte Wiese hinaus und schaut sich um. Er hat sie noch nicht bemerkt. Er richtet seinen dreieckigen Hut und sein nachtblaues Gewand; und auf wunderbare Weise fühlt er sich ganz an. Etwas an ihm ist auf grundlegende Weise anders als bei allen anderen Menschen, die sie kennt.

Es ist, als erblicke sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine neue Farbe und könnte nun mit dem Finger darauf zeigen und sagen: Das ist es – das ist, was ich mein ganzes Leben lang vermisst habe! Einen kurzen Moment wird ihr schwindlig. Sie hätte das niemals für möglich gehalten.

Mittlerweile hat er sie entdeckt und geht die letzten Schritte durch das nachlassende Schneegestöber auf sie zu. Nur der Zaun mit seinem weißen Überzug wie Zuckerhüte trennt sie jetzt noch.

»Hallo«, grüßt er sie. »Wie geht es dir?« Er sieht sich um, schüchtern, verunsichert, als sähe er alles zum ersten Mal – als hätte man ihn mit verbundenen Augen hierher geführt und ihm eben erst die Binde abgenommen. Silbersträhnen schimmern in seinem Umhang und in seinem dunklen Haar, und April denkt an Sternenlicht am Morgenhimmel, kurz bevor die Sonne aufgeht. Die Sonne, die alle sehen – nicht die andere, deren Licht selbst die Nacht erhellt.

»Mir geht es gut«, erwidert sie vorsichtig. »Und dir?«

Sorgsam streicht er sich ein paar Schneeflocken vom Gewand. Der Stoff macht einen kostbaren Eindruck; es sieht aus, als ob kleine Sternschnuppen aus ihm regnen. Offensichtlich ist aber sein Umhang zu kalt für diese Jahreszeit.

»Sag mir«, bittet er sie, »wo bin ich?«

»In Gabors Furt. Woher kommst du?«

»Ich weiß es nicht«, sagt der Fremde und runzelt die Stirn. Beim Blick in seine Augen, kalt und grau wie der Himmel, fällt es schwer zu glauben, dass es etwas gibt, das er nicht weiß.

»Bist du ein Fürst?«

Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. »Wohl kaum. Fürsten reisen mit Gefolge und haben Pferde und Kutschen. Ich dagegen habe mich wohl bloß verlaufen.«

Nichts könnte verlässlicher ihr Mitgefühl wecken als seine Andersartigkeit. Sie weiß genau, wie es sich anfühlt: sie, die sich in jungen Jahren schon die Vorsicht eines jungen Kaninchens zu eigen gemacht hat, immer ausgestoßen, immer auf der Flucht; vor den anderen Kindern, vor ihrem Vater und besonders vor der unerkannten Leere, die in jedem einzelnen von ihnen schlummert. In allen bis auf den Fremden.

»Wie ist dein Name?«

»April«, sagt sie. »Weil ich da geboren bin.«

»Das ist ein schöner Name«, sagt er und runzelt die Stirn.

»Was ist?«

»Ich frage mich, ob wir uns nicht schon einmal begegnet sind.«

»Wann denn?«

»Ich weiß nicht.« Die Gefühle ziehen wie Wolken über sein Gesicht: Hoffnung, dann Kummer, und Schuld.

»Ich weiß nur, dass ich ein Zauberer bin.«

»Nein, bist du nicht!«, protestiert sie, und er schaut so bedrückt wie damals Todd, als er erkannt hatte, dass er Hasen nicht allein mit den Händen fangen kann. Bei dem Gedanken muss sie lachen, dann sieht sie, wie sehr ihn ihr Unglaube verletzt, verloren wie er dort steht in seinem Gewand aus Sternen und Nacht.

»Man glaubt nur, was man sieht, nicht wahr? Aber gut – ich werde es dir beweisen.«

Einen Moment lang kann sie ihren eigenen Herzschlag hören.

»Wenn ich dir einen Regenbogen schenke, glaubst du mir dann?« Er scheint sein Angebot noch im selben Moment zu bereuen, doch kaum dass sie nickt, klatscht er in die Hände, schließt die Augen und hebt die Arme zum wolkenverhangenen Himmel. Und April sieht einen Regenbogen entstehen, wie sie noch nie zuvor einen gesehen hat, in Farben, die sie nur aus ihren Träumen kennt: sattes Türkis wie ein kühler Teich und zartes Lapislazuli dahinter, taufrischer Flieder und samtenes Rot, das an den Rändern zu gleißendem Rosenquarz erglüht; und sie verliert allen Zweifel, den sie jemals gehegt hatte.

Der Regenbogen verblasst in silbergrauem Rauch.

»Das war der letzte Regenbogen, den ich jemals gemacht habe«, sagt der Zauberer ernst. Etwas an ihm ist anders als zuvor. »Ich hoffe, er hat dir gefallen.«

»Er war wunderschön«, antwortet April.

»Glaubst du mir jetzt? Oder wirst du Schlösser, Drachen und Schätze von mir verlangen?«

»Ich glaube dir«, sagt sie vorsichtig. »Ich habe es immer geglaubt. Aber eure Zeit ist vorbei …«

Da bohren sich seine Augen mit einer solchen Schärfe in sie, dass sie erschrickt und zurückweicht.

»Das sagen alle!«, platzt es aus ihr heraus. »Sie sagen, es gibt keine Magie. Dabei kann ich sie doch aber sehen … Sie ist wie eine Sonne in der Nacht.«

Erstaunen und Furcht spielen auf seinem Gesicht. »April«, flüstert er, dann entschuldigt er sich bei ihr – doch sie weiß nicht, wofür. »Wie jung du noch bist! Natürlich … die andere Sonne. Ich erinnere mich. Sie quält dich noch jeden Tag, nicht wahr?«

Er weiß es!, denkt sie mit einer Mischung aus Triumph und Entsetzen. Er weiß es!

Dann scheint er zu vergessen, worüber sie eben noch gesprochen haben, und wendet sich ab. »Vorbei«, sagt er und blickt zu dem Wald, der sich hinter der Wiese erstreckt.

»Warte!«, ruft sie. »Werden wir uns je wiedersehen?«

Er dreht sich noch einmal um und sieht sie verwundert an, als sähe er sie wiederum zum ersten Mal. »Sicher werden wir das«, sagt er und tippt sich an den Hut. »Das ist erst der Anfang.« Er geht ein paar Schritte durch den Schnee.

»Ich habe den Weg verloren«, murmelt er und schüttelt den Kopf wie ein sehr alter Mann. Die Schneeflocken fallen wieder dichter.

Dann geht er und verschwindet, wie der Regenbogen verschwand.

GABORS FURT

Wie alle Außenseiter hat April nie darum gebeten, einer zu sein. Gerne würde sie mit Nell und den anderen Kindern spielen. Geschwister, insbesondere ein Bruder, hätten geholfen, die Aufmerksamkeit der einzigen Person, auf die sie gerne verzichtet hätte, von ihr abzulenken. Doch ihre Mutter ist im Kindbett gestorben, einen Bruder hat es nie gegeben, und ihr Vater – der einzige und nach einhelliger Meinung schlechteste Küfer von Gabors Furt – trägt ihr mit großer Genugtuung Arbeiten auf, die dafür sorgen, dass andere es schwerer haben als er selbst.

Die meiste Zeit ist April daher beschäftigt, die Werkstatt zu putzen, Wäsche zu waschen, Holz zu schleppen. Nell findet das in der Regel ganz lustig. Wie das eine Mal, als sie mit ihrer Freundin auf einem der Pferde ihres Vaters vorbeireitet.

»Hey, April. Wir reiten runter zum Fluss. Du hast wohl noch zu tun, was?«

Nell ist ihre Cousine, und Aprils Vater wird nie müde, zu betonen, was für ein Glück seine Schwester und deren Mann mit einer Tochter wie ihr hatten. Nell hat eine schöne Nase, heißt es, sie ist der Stolz der kleinen Schule, sagt die Lehrerin, und sie hat zarte Hände und keinen Schmutz an den Kleidern. Sie wird einmal einen guten Mann heiraten, sagen alle.

»Sieht wohl so aus«, sagt April und missachtet die spöttischen Blicke vom Pferderücken.

»Vom Anstarren werden deine Füße jedenfalls nicht sauber«, kichert Nell. »Oder wartest du, dass die Erde sich auftut?«

Da hebt April den Blick und richtet ihn auf die kichernden Mädchen. »Dein Vater kommt gleich. Weiß er, dass du das Pferd hast? Ihr verschwindet besser.«

»Ihre Augen sehen wohl in der Nacht«, sagt Nell zu ihrer Freundin. »Ich frage mich, was Bruder Tito davon hielte.«

Bruder Tito ist der Paraspriester und die selbsterklärte gute Seele seines Dorfs, dem er die komplizierten Nuancen der kaiserlichen Religion und ihres geteilten Gottes zu vermitteln versucht.

Als Nells Vater dann wirklich kommt und die beiden Mädchen wieder einsammelt, verstummt sie. Spätestens von diesem Tage an haben die meisten Kinder Angst vor April, und sie merkt, dass sie vorsichtiger sein muss.

Denn Nell liegt mit ihrer unbedachten Aussage richtiger, als sie ahnt.

Für April stellt sich die Welt ihrer Kindheit als ein Muster von Mächten dar, die den anderen Menschen verborgen sind. Manchmal träumt sie von einem fernen Ort in den Bergen, an dem sich diese Mächte wie funkelnder Schnee gesammelt haben. Er leuchtet so hell, dass sie den Glanz als die andere Sonne bezeichnet, und sie hätte jederzeit den Weg dorthin deuten können: nach Süden, und ein wenig nach Osten, in der Einsamkeit hoher Gipfel.

Genauso nimmt sie aber auch die Abwesenheit dieser Mächte überall sonst wahr, wie eine bedrohliche Leere, die in allem schlummert. Es ist, als sähe sie die Nacht, jede einzelne Facette ihrer Lichtlosigkeit – und manchmal, wenn sie sich zu sehr darauf konzentriert, droht es sie zu verschlingen. Doch selbst wenn sie den dunklen Sog ignorieren will, spürt sie, wenn sich ihr jemand nähert, und einige Leute kann sie sogar auseinanderhalten.

Nur manchmal denkt sie an den einzigen, den sie je traf, der anders war als die anderen; der strahlte, statt zu verschlingen: Sie denkt an den Zauberer im Schnee und fragt sich, ob es ihn wirklich gegeben hat.

Symbol

Nell wäre nicht Nell, hätte sie es darauf beruhen lassen, und so treibt sie Aprils Bekanntschaft mit dem Fluss eines Tages mit einem kräftigen Stoß in den Rücken voran.

Es wäre nicht mehr als ein hässlicher Spaß, wäre April nicht dank ihres Vaters eine sehr ungeübte Schwimmerin und der Fluss nicht dank ergiebiger Regenfälle tiefer als üblich. Mehr noch als die Aussicht auf den Tod aber hasst April die Vorstellung, vor den Augen ihrer Cousine mit ihm zu ringen, und so geht sie rasch unter und beginnt erst richtig zu kämpfen, als Nell längst erschrocken die Flucht ergriffen hat, und sie schon kaum noch die Kraft dazu aufbringen kann.

Als Retter in der Not erweist sich Todd, der Sohn des Gerbers, der ein Stückchen stromabwärts mit einem Schiffchen spielt. Todds Familie wird zu Recht des Geruchs wegen gemieden, aber Umgang mit Wasser hat er schon deshalb stets reichlich gehabt. Tatsächlich ist er ein ausgezeichneter Schwimmer – was er nach einer kurzen Schrecksekunde, in der er eine wichtige Abwägung zwischen dem ertrinkenden Mädchen und seinem gerade außer Sicht treibenden Schiffchen treffen muss, auch unter Beweis stellt.

»Danke«, sagt April, nachdem er sie ans Ufer gezogen hat und sie wieder Luft bekommt.

»K-k-keine U-ursache«, sagt Todd mit hochrotem Kopf. Sprechen ist im Gegensatz zu Schwimmen nicht seine Stärke.

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Eines Frühlings, April ist gerade zwölf geworden, kommt ein bunt zusammengewürfelter Trupp Reiter über die Furt, der das Dorf seinen Namen verdankt (April wird nie erfahren, wer eigentlich Gabor war). Ihre Seite des Flusses gehört noch zu Garion, auf der anderen beginnt Merildon, was dem Dorf wohl zu bescheidener Bedeutung verholfen hätte, würden die wichtigen Straßen nicht alle weiter westlich verlaufen, wo die größeren Städte liegen und der Grenzfluss in den mächtigen Damos mündet.

Die Reiter aber sind offensichtlich weit ab vom Schlag. Tief im Süden gäbe es Unruhen, sagen sie, und der Präfekt habe befohlen, alle kampffähigen Männer der Gegend einzuziehen. Welcher Präfekt, fragt man sie, der von Garion oder der von Merildon?

Beide, sagen die Reiter. Sie bleiben eine Zeitlang und lassen sich bewirten. Viele Dorfbewohner hoffen, sich auf diese Weise vielleicht freikaufen zu können. Bald aber treffen echte Soldaten ein, Phereniden mit strengen Gesichtern, weitere Rekruten in ihrem Gefolge. Ein Dorf, das dem Reich nicht hilft, ist ebenso gut wie gar kein Dorf, lautet die Botschaft beider Präfekten, und so macht man sich zum Aufbruch bereit.

Gabors Furt entsendet einen Zug von vierzig Mann, darunter auch Aprils Vater. Sie würden schon rechtzeitig zurück sein, um im Herbst die Ernte einzuholen, heißt es. April legt keinen Wert auf ihre schnelle Rückkehr.

Sie kommt bei Todds Familie am Flussufer unter. Gabors Furt liegt wie ausgestorben, Frauen und Kinder haben die Herrschaft übernommen. Ihr sechster Sinn ist diesen Sommer so schwach wie der Fluss, der beinahe versiegt ist, sodass die Furt zu einer Sandbank wird und selbst die Fische in zwei Provinzen trennt, die einander nicht mehr kennen, wenn das Wasser im Herbst wieder steigen wird. April ist für die Atempause dankbar, und auch im Haus einer Gerberfamilie zu leben macht ihr nicht viel aus.

Eine Weile führt sie ein fast normales Leben.

»W-w-as ist m-m-it dir?«, fragt Todd. »B-b-b-ist du n-n-icht mehr k-k-omisch?«

Kurz ist April wütend auf ihn, aber seit der Sache am Fluss steht sie in seiner Schuld, und wahrscheinlich kommt sich Todd völlig normal vor, auch wenn er stottert und komisch riecht. Er ist nicht der Hellste, doch immerhin ist deshalb auch seine Meinung zu Fealva und ihren Kindern äußerst vage, verglichen mit seiner Begeisterung für Holzpferde und kleine Schiffe. Außerdem kennt er ihren Vater nicht.

»Wieso, du bist doch auch nicht komisch«, sagt sie deshalb nur, und Todd grinst schief und zeigt ihr seine neuesten Spielsoldaten, mit denen er die Heldentaten nachspielt, die ihren Vätern in seiner Phantasie gerade widerfahren. April hat kein Problem damit, dass Todds Vater immer siegreich aus diesen Kämpfen hervorgeht – sie opfert gerne ihren Teil der Truppen, damit es etwas spannender für ihn bleibt. Auf einmal hat sie einen Freund.

Todd ist der Erste, dem sie je vertraut.

»Dein Vater ist nicht immer so gewesen, weißt du«, sagt Todds Mutter, als sie April eines Tages weinend im Hof sitzen findet. Der Sommer ist fast vorbei, und sie haben Nachricht erhalten, dass die Männer bald zurück sind. »Er wurde erst so, als deine Mutter starb.«

»Hast du sie gekannt?« April schluchzt.

Todds Mutter nickt und setzt sich neben sie. Sie hat gerade die Wäsche aufgehängt und riecht noch nach Seifenlauge, fast süß verglichen mit dem üblichen Geruch im Haus. Dann nippt sie an ihrer Tasse Wacholderschnaps, die sie in diesem Jahr häufig mit sich herumträgt, und schaut ihrer Wäsche beim Trocknen zu. »Ich erinnere mich noch gut«, sagt sie. »Es war im April …«

»Ich weiß.«

Todds Mutter fährt ihr durchs Haar. »Früher nannte man Kinder häufig nach dem Kalender, nach Blumen oder dem Wetter. Alles hatte noch eine Bedeutung … Zumindest sagten die Leute das immer, ehe sie sich die Köpfe einschlugen. Wo war ich?« Sie nimmt einen Schluck aus der Tasse, und die kleine graue Katze, die bei ihnen wohnt, springt April auf den Schoß.

»Meine Mutter«, sagt April und streichelt die Katze, und Todds Mutter nickt wieder.

»Es war eine schwere Geburt, und wir hatten keine Hebamme zur Hand. Eine Fremde reiste damals durch das Dorf, und sie bot ihre Hilfe an. Sie hatte wildes Haar und einen Blick, dass einem angst und bange wurde. Wir hatten eine wie sie noch nie gesehen. Der Priester, den wir damals hatten …« Ihr Blick geht ins Leere, und ihre knotigen Finger spielen mit der Tasse. »Dein Vater und die anderen Männer trauten ihr nicht. Manche glaubten, dass nicht nur Menschenblut in ihren Adern floss. Irgendwann blieb ihnen aber nichts anderes mehr übrig, als sie um Hilfe zu bitten. In den frühen Morgenstunden war es so weit.« Sie nimmt einen weiteren Schluck. »Du hast überlebt, deine Mutter aber ist gestorben. Die Fremde hat man mit Steinen aus dem Dorf getrieben. Sie hatte noch Glück.«

»Mein Vater hätte lieber einen Sohn gehabt«, sagt April. »Um sein Handwerk zu lernen.«

»Ich glaube, am liebsten hätte er in dieser Nacht gar kein Kind gehabt. Und dein Vater ist ein lausiger Küfer! Von ihm ist unsere alte Regentonne, siehst du?« Sie weist anklagend auf das geborstene Fass, das in einer Ecke des Hofes liegt.

»Meinst du«, fragt April, »dass er wiederkommt?« Sie lässt die Hände sinken, und die Katze in ihrem Schoß reckt sich und gähnt.

Todds Mutter zuckt die Schultern, trinkt und sagt nichts weiter.

Ein paar der Männer kehren tatsächlich aus dem Krieg zurück, darunter Aprils Vater, auch wenn er sehr viel dünner geworden ist und ein paar hässliche Narben auf dem Bauch hat. Er spricht jetzt weniger und trinkt dafür mehr, und seine Launen werden immer schlimmer. Sie sind bis nach Tanbria gereist, heißt es, und haben dort Aufständische umgebracht. Die Präfekten sind sehr zufrieden.

Todds Vater jedoch gehört zu denen, die ihr Leben fern der Furt auf einer Schwertspitze ausgehaucht haben. Der Junge wird daraufhin sehr still, und April vermutet, dass er seinen Vater sehr geliebt haben muss.

Die Erntezeit ist fast vorbei, als die Männer nach Hause kommen. Es gibt wenig zu essen diesen Winter.

Symbol

Den Winter über scheinen April und das Dorf in verschiedenen Welten zu leben. Sie verschwindet, das Dorf vergisst sie, und ihr Wiederauftauchen im Frühjahr ist ebenso überraschend wie die ersten Blumen, die ihren Kopf aus dem Schnee strecken.

Todd ist einer der wenigen, der sich freut, sie wiederzuhaben. Im Sommer bauen sie ein geheimes Lager im Wald. Dort klettern sie auf Bäume und spielen Verstecken, Todd bringt ihr das Schnitzen bei und sie ihm selbsterfundene Lieder, die er ohne zu stottern über die Lippen bringt. Es klingt nicht sehr schön, aber sie nennen es Fealvmusik, und damit ist es normal.

Später gesellt sich noch Maisie zu ihnen, die dicker ist als die anderen, und Gus, der vor allem Angst hat, was größer als ein Hase ist, sich aber nicht vor Insekten ekelt. Gemeinsam errichten sie einen Damm im Bach, kochen Räubersuppe in einem weggeworfenen Kessel und verfolgen Tierspuren bis zu einem Kreis alter Steine, in deren Schatten so große Pilze wachsen, dass Gus sich weigert, den Kreis zu betreten. April und Todd aber denken sich Geschichten aus, wie es früher im Wald gewesen sein muss, als noch Geister und Kobolde darin lebten.

Eines Abends findet Todd eine schöne Brosche mit einem Türkis unter einem Baum.

»Was hast du da?«, fragt April neugierig.

Todd ringt einen Moment mit sich, dann hält er sie ihr hin.

»F-f-ür d-d-ich«, erklärt er und versucht so tapfer wie möglich auszusehen.

»Ist das dein Ernst? Die muss doch wer verloren haben.«

»I-ist unser S-schatz. W-w-wir h-haben sie g-gefunden.«

April schließt zitternd die Finger um das Schmuckstück. Die Farbe des Steins erinnert sie an den Tag, als der Zauberer ihr einen Regenbogen schenkte. Sie steckt sich die Brosche an die Brust. Da tritt ein Leuchten in Todds Augen, und beide beratschlagen eine Weile, was man wohl mit einem solchen Schatz kaufen könnte.

»E-ein echtes P-pferd«, schlägt Todd vor.

»Ein echtes Schwert«, kontert April.

Sie träumt noch von Reisen auf ferne Märkte, als sie, Stunden zu spät, nach Hause kommt.

Ihr Vater, seit seinem Ausflug nach Tanbria mit einer beachtlichen Schnelligkeit gesegnet, steht vor ihr, ehe sie ihn bemerkt. Seine Hand trifft ihren Kopf, dann schleudert er sie gegen die Wand. »Wo warst du?«, fragt er, doch mehr als eine Antwort interessiert ihn das funkelnde Ding, das ihrer Hand entglitten und über den Boden zur Feuerstelle gerutscht ist.

»Was ist das?«, fragt er, aber April ist schwindlig und schlecht und kein Wort kommt ihr über die Lippen. Sie riecht nur den Schnaps in seinem Atem und spürt die gähnende Leere in ihm.

»Wo hast du das her?«, schreit er und schlägt sie abermals.

»Ein Geschenk …«, keucht sie, doch ein Tritt bringt sie zum Schweigen. »Du bist eine Lügnerin«, sagt er und steckt die Brosche ein. »Eine Lügnerin und eine Diebin.«

Die Brosche sieht sie die nächsten vier Jahre nicht wieder.

Ihr Vater ist am nächsten Morgen immer noch da.

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Natürlich sehen die anderen ihre Verletzungen, aber keiner fragt danach. Nur Todd wirft einen ängstlichen Blick auf ihr geschwollenes Gesicht und hätte vielleicht etwas gesagt, aber er findet nicht die richtigen Worte, und April hilft ihm nicht dabei.

Sie selbst tut, als wäre nichts geschehen, und so spielen die Kinder bald wieder wie zuvor im Wald, wann immer sie es schaffen, ihren häuslichen Pflichten zu entkommen – oder die Pflichten, wie in Aprils Fall, nicht mehr fähig sind, ihren Sessel zu verlassen.

Solange April ihr geheimes Lager hat, kann sie alles andere vergessen.

Dann, eines Tages, als sie sich gerade weggestohlen hat und nach Todd und den anderen sucht, findet sie das Lager zertrampelt, den Staudamm zerstört, und Todd entkräftet an einen Baum gefesselt. Er hat sich in die Hosen gemacht und blutet an den Handgelenken, wo die Fesseln ihm ins Fleisch schneiden.

Eilig bindet sie ihn los und müht sich, aus ihm herauszubekommen, was geschehen ist, doch er vergräbt den Kopf in ihrem Schoß und weint, bis ein lautes Kichern aus dem Dickicht ihn von einer Antwort entbindet. Als Übeltäter geben sich die beiden Kaufmannssöhne zu erkennen, die Nell seit einiger Zeit schon den Hof machen.

»Na los«, grinst der eine. »Küss das Baby.«

»Gib ihm die Brust«, lacht der andere.

April überlegt nur kurz. Sie steht auf, nimmt einen angespitzten Stock, der für die neue Palisade bestimmt war, und stößt ihn dem größeren der Brüder, der sich vor Lachen kaum noch halten kann, ins Herz. Zumindest ist es das, worauf sie zielt, doch er duckt sich im letzten Moment, und der Speer durchbohrt seine Schulter.

Das Resultat ist einen kurzen Moment sehr befriedigend, auch wenn der Anblick des vielen Blutes sie verstört. Das Nachspiel aber wird schlimmer, als selbst die Kaufmannssöhne es hätten bereiten können.

Aprils Vater verspricht dem Vater des Geschädigten (welcher Zeit seines Lebens einen lahmen Arm behalten wird), persönlich für die Züchtigung seiner Tochter zu sorgen, worauf nach zusätzlicher Zahlung einer Summe, die einem anständigen Küfer zumutbar ist, alle Ansprüche abgegolten sind. Es gelingt ihm, diese Demonstration väterlichen Geschäftssinns derart beeindruckend zu gestalten, dass keiner der beiden Söhne noch das Bedürfnis verspürt, April das Leben schwer zu machen: Man sieht sie erstmals einen Monat später wieder auf der Straße.

Todd wird der weitere Umgang mit ihr verboten, und im Jahr darauf zieht seine Mutter mit ihm zu einem Onkel nach Melnor, ohne sich bei irgendwem in Gabors Furt zu verabschieden. Die kleine graue Katze lassen sie zurück, und manchmal stellt April ihr eine Schale Milch vor die Tür des alten Gerberhauses, weil sie jetzt der einzige Freund ist, den sie noch hat. Maisie traut sich nicht mehr in ihre Nähe, und Gus interessiert sich nur noch für seine Regenwürmer, die er mit Abfällen mästet und manchmal auch isst.

Mit vierzehn Jahren wünscht sich April den Tod.

Mit fünfzehn wünscht sie sich den Tod ihres Vaters.

Weil sie den Gedanken daran nicht erträgt und niemanden sonst mehr zum Reden hat, erzählt sie Bruder Tito davon. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet sie häufig in seinem Haushalt, macht seine Wäsche und kocht ihm das Essen. Sie ist nun sechzehn, und Bruder Tito ist sehr interessiert daran, mehr über das seltsame Mädchen zu erfahren, das seinem Vater so viel Kummer bereitet. Er ermutigt April, ihm ihre Geheimnisse anzuvertrauen – und verspricht ihr, dass alles, was sie ihm erzählt, zwischen ihnen und dem Ohr des Geteilten bleiben wird.

Gleichzeitig werden seine Annäherungen von Woche zu Woche unverhohlener. Als er sie eines Tages bei den Beinen packt und nicht mehr loslässt, schlägt sie mit dem Fleischhammer nach ihm. Er ist einfach das Erste, was sie zu fassen bekommt; die Messer hätten direkt daneben gelegen.

Natürlich will Aprils Vater von Bruder Tito erfahren, weshalb er seine Tochter nicht länger beschäftigt. Darüber kommen die beiden Männer sich näher und entdecken ihre gemeinsame Liebe zum Wein. Und als sich zum Erntedankfest beide in wechselseitigen Preisungen der reichen Gaben des Landes überbieten und Bruder Tito guter Dinge ist, verrät er sie.

SARIKS TRAUM

Hätte man Sarik an jenem zeitlosen, zeugenlosen, segensreichen Tag auf seinem Weg den kleinen Berg hinauf begleitet, so wären einem als Erstes die Wolken in seinem Gefolge aufgefallen.

Viel zu lange schon hat die Hitze das Land ausgedorrt, Zikaden haben die Felder unter sich aufgeteilt, und alles Leben liegt betäubt im heißen Staub. Nun aber eilen Wolken von allen Enden des Horizonts herbei wie alte Jungfern, die zu spät zum Fest sind. Fast kann man das missbilligende Knurren derer erahnen, die sie auf ihrem Rennen über den azurblauen Himmel überholen. Weiße Pferde galoppieren neben rauchgrauen Drachen, und stolze Galeonen landen an ihren Flanken an und werfen ihre Schatten auf den Grund des himmlischen Ozeans.

Eine Weile sammeln sich die Streitkräfte über der mit wehenden Fahnen genommenen Welt, und bald ist ihr Gedränge so groß, dass sie zu phantastischen Formen verschmelzen. Nur vereinzelt bricht noch die Mittagssonne durch ihre elfenbeinernen Leiber, Finger aus Licht, die flehentlich über die verdorrten Felder und die in der Hitze knackenden Wälder streichen, ehe die letzten Pforten sich schließen; die letzten Sendboten sich hinter den Schutzwall der Wolken zurückziehen oder für immer erlöschen müssen.

Das Farbenspiel am Himmel wandelt sich von perlmuttfarben zu bleigrau. Grollend schieben sich die finsteren Massive ineinander. So hoch türmen sich die schwebenden Berge, und so tief lasten ihre prallen Bäuche, dass man den Kopf in den Nacken legen muss, um ihre Dimensionen zu erahnen. Dann machen sie sich auf zur Spitze ihres erdgebundenen Bruders, des Berges aus Fels, und bedecken das Tal mit dunklem Damast.

Wäre man noch weiter gegangen, hätte man schließlich Sarik selbst gesehen, wie er gemächlich die letzten Schritte zurücklegt, ein gutgelaunter Wanderer, der sich auf das bevorstehende Ereignis freut.

Er trägt einen Dreispitz und einen Umhang von einer seltsamen Farbe, die man nur während einiger flüchtiger Minuten des Tages beschreiben könnte: eine Weile vor Sonnenaufgang oder nach ihrem Untergang. Dann würde man nämlich bemerken, dass es die Farbe des der Sonne abgewandten Teils des Himmels ist, in dessen Schwärze sich die Ahnung von Kobalt und das Glitzern der ersten und letzten Sterne der Nacht mischt. Dasselbe Funkeln steht in seinen Augen, grau wie Kraniche in der Dämmerung, und in seinem dunklen Haar. Sarik selbst ist sich dessen ebenso wenig bewusst wie andere Leute sich ihrer Nasenspitze bewusst sind. Doch er wirkt ohnehin fehl am Platz und hätte überall so gewirkt, selbst als er nun stehenbleibt und die Arme weit ausbreitet, als wolle er die ganze Welt umarmen.

Eine Böe fegt wild über den Gipfel, erst hierhin, dann dorthin, und reißt ihm beinahe den Hut vom Kopf. Sie bringt eine Ahnung von Feuchtigkeit mit sich, ein paar Tropfen nur, und als die Dunkelheit wie Fischernetze über das Land fällt und sich ein gewaltiger Trommelwirbel von oben nähert, beenden die Zikaden ihr Spiel, und die Vögel stoßen einen letzten, angstvollen Ruf aus und ziehen die Köpfe ein.

Sarik legt den Kopf zurück und lacht.

Der Krieg der Wolkenschiffe hat begonnen. Eine Breitseite bläulicher Blitze schießt von West nach Ost und wieder zurück, und Donner rollt durch das Tal. Zwei der schwebenden Massive kollidieren: Ihre Rümpfe bersten mit ohrenbetäubendem Krach und entladen ihre Fracht, Tropfen groß wie Taubeneier, und legen einen undurchdringlichen Vorhang über die Welt.

Sarik steht ganz entspannt da, obwohl das Wasser überall ist. Es schlägt ihm in Strömen ins Gesicht und rinnt an ihm herab, wäscht in Sturzbächen den Sommerstaub von den Felsen. Es tränkt den Boden mit Träumen grünender Wiesen und reifer Früchte und füllt die Quellen und Bäche, macht sich auf seine weite Reise Richtung Meer.

Nach einer Weile mäßigt sich der himmlische Krieg. Der Platzregen lässt nach und wird erst zu einem milden Sommerschauer, dann versiegt er ganz, ebenso plötzlich, wie er gekommen ist. Die erschöpften Wolken, ihrer Last entledigt, hellen sich auf, um dann unter dem blendenden Ansturm der Sonne zu zerreißen. Geschlagen schweben sie davon und verlieren sich an den stahlgrauen Rändern der Welt.

Das siegreiche Licht aber spiegelt sich in unzähligen Tröpfchen. Sie hängen in Büschen von den Dornen und sammeln sich schimmernd in den Blüten, bis sie überlaufen und fallen, ein unschuldiges Nachspiel der Flut, die gekommen und wieder vergangen ist.

Sarik trocknet sich die Kleider und macht sich auf den Rückweg. Die Vögel trauen sich wieder aus ihren Verstecken und entrüsten sich über ihr nasses Gefieder. Eine Heuschrecke kriecht zitternd unter ihrem Blatt hervor, und ein paar Mücken heben sich in die dünne Luft. Es riecht nach Lavendel, und die Ahnung eines Regenbogens spannt sich unerreichbar über das Tal.

Er bückt sich nach einem jungen Vogel, der aus seinem Piniennest in eine große Pfütze gefallen ist. Er nimmt ihn auf, setzt ihn auf einen der unteren Zweige und erträgt geduldig sein Geschimpfe.

Ich erwarte keine Dankbarkeit, denkt er, als er fern in seinem Geist eine vertraute Regung verspürt.

Von einem Vogel?, denkt das Irrlicht mit einem Hauch von Eifersucht. Es ist so leise, dass er es kaum verstehen kann.

Wo steckst du?, fragt Sarik, denn gewöhnlich hält es sich in seiner Nähe.

Er bleibt stehen und lässt den Blick über das kleine Dorf im Tal schweifen. Die Menschen haben den Schutz ihrer Häuser verlassen und schauen staunend zum blauen Himmel auf, und ihre Kinder tollen durch die Pfützen. Am glücklichsten sind die Bauern, auch wenn sie es nicht so gut zeigen können wie die Kinder.

Bei ihrem Anblick kommen Sarik Erinnerungen an frühere Erlebnisse. Ein Kind, das sich verlaufen hat: gefunden. Eine alte Frau in den Trümmern ihrer Scheune: gerettet. Er hat Räuber gestellt, das Dorf vor Armeen versteckt und die Bäckerskatze aus dem Schornstein befreit, und nie haben die Menschen auch nur Notiz von ihm genommen.

Doch er tut, was er tut, nicht des Dankes wegen. Er hilft den Menschen gern, doch ihre Wünsche und Sorgen sind ohne Belang für ihn. Er tut es allein der Magie wegen – und keine Form von Magie bereitet ihm solches Vergnügen wie die, die dem Wetter befiehlt: all die Arten, einen Wind zu rufen, all die Täuschungen, die Sonne und Mond auf die Augen der Menschen zaubern, das ewige Spiel von Regen und Schnee.

Etwas stimmt nicht, denkt er und runzelt die Stirn.

War der Regen nicht gut?, fragt das Irrlicht von fern.

Doch, denkt Sarik, der Regen war gut. Aber irgendetwas – wo bist du? Ich kann dich nicht sehen.

Bei dir, antwortet das Irrlicht. Wo ich immer bin. Komm zurück.

Sarik nickt und macht sich auf den Weg. Er hat das Irrlicht immer für ein wenig besitzergreifend gehalten, doch es hat recht.

Er hält sich abseits der Felder, deren Besitzer stolz wie Könige durch die schlammigen Furchen stapfen. Auch Sariks Stiefel sinken knöcheltief ein, aber es kümmert ihn nicht. Seine Kleidung verfügt über besondere Eigenschaften. Es ist ein Stoff, wie die Eolyn ihn verwenden, und Schmutz haftet nie lange an ihm. Leider neigt sein Umhang auch dazu, in den Abendstunden Scharen von Glühwürmchen anzulocken, doch wie er sich zu sagen pflegt: Gute Schneider sind rar.

Er pfeift eine kleine Melodie auf seinem Weg, aber niemand außer einer alten Ziege nimmt von ihm Notiz. Er freut sich über die Kornblumen und die Felder von Fingerhut, die plätschernden Bäche und den Wind in den rauschenden Weiden. Morgen wird Nebel aus den Senken steigen, Tau sich in den Spinnennetzen fangen, und vielleicht wird es die nächsten Tage noch einmal einen kleinen Schauer geben.

Er freut sich darauf, in seinen Wald zurückzukehren. Die eigenartige Verunsicherung, die er nach dem Regen gespürt hat, nagt an ihm. Als wäre all dies ein Schauspiel – nicht wirklich. Sarik schüttelt den Kopf. Alle Zweifel werden vergehen, wenn die Sonne erst über dem Dach des Blauen Waldes verschwindet und er diese Welt ein weiteres Mal hinter sich lässt.

Er wandert den Weg entlang und hält Ausschau nach einer geeigneten Stelle. Schließlich hält er vor zwei jungen Birken, die wie Mädchen nach einem Bad tropfen. Mit geschlossenen Augen tritt er zwischen ihnen hindurch. Wasser schlägt ihm von den Blättern ins Gesicht, und er glaubt, einen angenehmen Schauer zu spüren. Es wird kühler, dann noch etwas, und alle Geräusche treten in den Hintergrund. Schatten fällt auf seine Lider, und er schlägt die Augen auf. Die Welt scheint unter ein Tuch aus Indigo gehüllt, das sie verbirgt wie eine Bühne, die noch nicht bereit für die Aufführung ist. Es ist dasselbe Zwielicht, das an allen Orten herrscht, an denen die Zeit nur langsam wie Honig fließt. Und doch ist es realer als das Dorf, der Berg, das Gewitter.

Ich freue mich, dass du zurück bist, denkt das Irrlicht. Seine Stimme klingt nun viel näher. War es die ganze Zeit schon hier? Ich hoffe, die Reise war gut. Vermutlich hat es bereits vergessen, weshalb und wie lange er weg war. Er kann sich selbst kaum noch erinnern.

Sarik atmet ein, genießt die frische Luft und die kühle Berührung der Farnwedel. Der Wald ist wie aus Türkis gehauen. Das Moos auf den Stämmen changiert in samtenem Grau und Grün. Die Vogelrufe im hohen Geäst scheinen das Echo vergangener Rufe, als ob jeder Sänger dem Lied des anderen respektvoll lauscht, ehe er es erwidert. Dann segelt ein Flughörnchen keckernd durch die Wipfel und verschwindet. Eine Spinne hebt höflich ihr Netz für ihn, und Sarik folgt einem der zufällig auftretenden Wege tiefer in den Wald.

Auf Trittsteinen überquert er einen Bach, während es im Schilf leise tuschelt und sich gurgelnd der Panzer einer Schildkröte aus dem Wasser hebt. Auf der anderen Seite grasen zwei Rehe, die gelassen einen Schritt zur Seite machen. Zu ihren Füßen tummelt sich eine Hasenfamilie, und ein paar Fernfer huschen durchs Unterholz. Sarik liebt das ruhige Spiel des Waldes, das ihn nicht fürchtet. Alle Bäume sind ihm vertraut. Er weiß, welche von ihnen hohl sind und welche Geschöpfe in ihnen hausen, weiß, über welche Wurzel man stolpern könnte, wäre man unvorsichtig, und manchmal bedauert er fast, dass er nie gestürzt ist.

Schließlich erreicht er die Lichtung, auf der er seine Hütte gebaut hat, unter dem unveränderlichen Firmament, in dem immer nur Sterne stehen, nie Sonne und Mond. Es gibt weder Mittag noch Mitternacht im Blauen Wald, nur dieses Fenster ins Zwielicht der Ewigkeit. Kleine pastellfarbene Lichter hängen wachsam wie eine Schule junger Forellen über den Schindeln, dann schießen sie auf ein geheimes Signal in alle Richtungen davon.

Hinter dem großen Sprossenfenster aber regt sich ein letztes, elfenbeinfarbenes Licht, ein unsteter Lampion, geschwungen von Kinderhand.

Das Irrlicht ist zu Hause.

Lächelnd geht Sarik zur Eingangstür. Von außen betrachtet wirkt seine Hütte schlicht und scheint Raum für höchstens zwei oder drei Zimmer zu bieten. In Wahrheit ist sie allerdings beträchtlich größer. Das Irrlicht schwebt ihm entgegen, und mit einem stillen Gruß öffnet Sarik die Tür und tritt ein.

Ich bin zurück, denkt er und streichelt den kleinen, kalten Ball aus Licht, der seine Farbe ändert wie Sprühregen im Sonnenschein. Auf einmal ist er sehr müde.

Er hängt seinen Dreispitz an den Haken und geht in Richtung seines Schlafzimmers. Das Irrlicht fliegt mit leisem Singsang voraus, und Kerzen entzünden sich auf seinem Weg, obwohl es kalt ist wie Schnee.

»Ich werde mich eine Weile hinlegen«, sagt er. Er pflegt nur selten zu ruhen, doch eine bleierne Schwere zwingt ihn zu Bett.

Bald darauf ist er eingeschlafen. Träume kommen zu ihm in seinem Schlaf.

Symbol

Im Traum treibt Sarik ziellos in der Leere, bis vor ihm der Umriss eines mächtigen Berges auftaucht. Langsam fliegt er um ihn herum und spürt die dumpfe Kraft in seinem Inneren, die langsam pulsiert wie ein großes, schläfriges Herz.

Vorsichtig schiebt er sich durch den Felsen, bis er in der Dunkelheit eines blutroten Schattens gewahr wird. Er erhascht einen Blick auf schimmernde Schuppen, ahnt die riesigen Muskeln, den Schwefelatem und die Kreatur, zu der all dies gehört, und die so tief und fest schläft, dass die Vernichtung ganzer Welten sie nicht aufgestört hätte. Da ist nur der Zug riesiger Ketten und die Last des Fels über dem Titanenkörper, und einen Moment empfindet Sarik fast Mitleid für die stolze Kreatur.

Borchiak der Große, erinnert Sarik sich seines alten Feindes. Er war einst einer von uns.

Vor ihm wacht eine Statue, die einen Avatar der Wesenheiten darstellt, so lebensecht, als würde sie jeden Moment von ihrem Sockel steigen. Sie hält ein großes Schwert in den Händen, und ihre Augen sind mandelförmig und wie aus flüssigem Gold.

Ihre Augen, denkt Sarik unvermittelt. Um uns an unsere Tat zu erinnern.

Entsetzen packt ihn, und er flieht.

Die Leere erstarrt zu Marmor, und Sarik merkt, dass er über den Boden einer weiten Halle wandert, in der mit dem Klang seiner Stiefel noch das Raunen vergangener Jahrhunderte nachhallt. Er kennt die hohen Fenster und die Gärten dahinter, die endlosen Säulengänge, die Decken, so hoch wie das Himmelszelt, die Mauern, die kein Meißel je berührt hat. Es ist der Gestalt gewordene Traum der Mächtigen: der Hof von Iljudis, am Rande des Sommerlands.

Trauer befällt Sarik, denn er weiß, dass es diesen Ort nicht mehr gibt. In der leeren Halle steht eine Frau mit rotem Haar und aristokratischen Zügen allein vor einem Spiegel. Trotz ihrer gebieterischen Haltung liegt Traurigkeit in ihrem Blick. Sarik tritt hinter sie und sieht die Halle im Spiegel von Kerzenschein erhellt und voller Leben. Die phantastischsten Besucher aus allen Winkeln der Welt haben sich versammelt und berauschen sich an ihrer Macht und aneinander. Dann bläst ein Wind durch die Vorhänge, die Kerzen erlöschen, und mit ihnen die arabeske Szene. Zurück bleibt nur ein leerer Ballsaal, und der Kummer und die Anklage in den Augen der Frau, die sich nun umdreht und ihn bei der Hand nimmt.

»Es ist an der Zeit«, sagt sie. Wie zuvor kehrt ein Bruchstück seiner Erinnerung zurück, und Sarik weiß, dass diese Frau ihm gefährlicher werden kann, als Borchiak das je vermocht hätte, denn er hat ihr einst einen Eid geleistet, und sein Wort bindet ihn. »Du musst erwachen.«

»Korianthe«, sagt er, und wie er ihren Namen spricht, brechen für einen Moment die Bilder über ihn herein: der Orden von Geador, seine alten Gefährten, Hallen voller Spiegel und furchtbarer Entscheidungen; der Ausdruck in den Augen seines Freundes Zearis, als er ihn das letzte Mal sieht. Diese Bilder sind mehr, als er ertragen kann, entsetzlicher noch als die Statue in Borchiaks Berg, und abermals flieht Sarik, weiter in die Tiefen seines Traums.

Lange Zeit lässt er sich treiben und denkt keinen Gedanken. Dann nimmt eine Strömung ihn auf und spült ihn schließlich an den Ort, an dem alle Wege wie in einem Mahlstrom enden.

Er hätte diesen Ort jederzeit wiedererkannt, gleich, wie lückenhaft seine Erinnerung auch sein mag, auch wenn er ihn nie in Fleisch und Blut betreten hat. Jeder der Mächtigen kennt ihn und hat schon von ihm geträumt, und jeden von ihnen hat es danach gelüstet, ihn zu beherrschen: Navylyn, die Hallen des Schicksals, die Kammern aus Porzellan, in denen die Figur eines jeden lebenden Wesens existiert … und die Wesenheiten, von den Sterblichen als Götter verehrt, damit spielen.

Sie liegen zwischen dieser Welt und den höheren Sphären – ein Haus für die Götter, wenn sie zu Besuch weilen. Hier wurden die Geschicke von Königen und Kindern, von Bettlern und Priestern entschieden. Heute aber liegen sie aufgegeben, verlassen, inmitten eines öden, bleichen Landes unter einem sternenübersäten Himmel. Die mächtigen Tore sind geschlossen, und die Einsamkeit ist bedrückend.

Wenn er noch einen Beweis gebraucht hat, wie alt die Welt während seines Schlafs geworden ist, dann hat die Stille jenes verschlossenen Ortes ihn erbracht. Sarik weiß, nur eine Wesenheit vermag diese Pforten zu öffnen, und es ist sehr lange keine Wesenheit mehr hier gewesen.

HOCHZEITSNACHT

Es ist ein schlechter Sommer gewesen, die Felder geben nicht viel her, für das man hätte danken können, und so gibt es diesen Herbst und Winter vor allem Fisch zu essen. Dennoch soll es ein besonderes Fest werden, denn Nell feiert Hochzeit. Der glückliche Bräutigam ist der jüngere der beiden Kaufmannssöhne (der mit dem gesunden Arm). Weder April noch ihr Vater legen großen Wert auf die Feier, die in einer ausgefegten Scheune stattfindet, aber zu Hochzeiten pflegt in Gabors Furt jeder zu erscheinen, und ein Fernbleiben käme einer Beleidigung gleich.

Die Mädchen tragen ihre guten Kleider und balgen sich darum, wer Brautjungfer sein darf, und die jungen Männer starren den Mädchen in die Ausschnitte. April bekommt das alles kaum mit, denn sie spürt vor allem den schweren Blick ihres Vaters, als die Familie des Bräutigams, wie im Dorf üblich, einen stattlichen Brautpreis an seinen Schwager entrichtet. Die erste Runde von Gläsern wird gefüllt, und sie weiß, dass ihre Tage gezählt sind.

Es geht ihr nicht gut an dem Abend. Das Gedränge der Menschen und das Gejohle der Betrunkenen sind ihr zuwider, und als die Tänze beginnen und man sie auffordert, krampft sich ihr Magen zusammen, und sie entfernt sich so weit von der Tanzfläche wie möglich. Nur zu gern wäre sie einfach gegangen.

Angesichts der Blicke ihres Vaters bleibt ihr jedoch nichts anderes übrig, als bis in die späten Abendstunden auszuharren. So bewachen sie sich gegenseitig, sie immer wütender, er immer betrunkener. Sie allein in ihrer Ecke, er im Kreise Bruder Titos, des Bauern Spenkel und des alten Stellmachers, die ihm aufmerksam zuhören, daneben das Fass mit dem Branntwein.

Das Fass macht Aprils Vater das unverdiente Glück seines Schwagers erträglich und seinen Wunsch nach gleichem Glück gerecht. Er hat genauso in der Fremde gekämpft wie sein Schwager, erklärt er Bruder Tito, hat er da nicht Besseres verdient als das? Bruder Tito mag ihm da nicht widersprechen. Vor allem aber will er weiteres Unheil von dem guten Küfer abwenden.

Mitternacht ist lange vorbei, da packt Aprils Vater sie bei der Hand und schleppt sie nach Hause. Zu diesem Zeitpunkt kann er kaum noch laufen, ist mit seiner Beweisführung aber noch lange nicht fertig.

»Du«, sagt er. Er nennt sie nie beim Namen, wenn es sich vermeiden lässt. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Kannst dein Leben ruinieren wie du willst, aber mich wirst du nicht ins Grab bringen!«

April merkt, wie betrunken er ist, und weiß, wie die Nacht enden wird, so gewiss wie mit dem Aufgang der Sonne, doch es ist ihr egal.

»Was«, schreit sie, »weil ich nicht getanzt habe? Weil mir schlecht wird von –«

Er schlägt ihr schallend auf den Mund. Sie taumelt und schmeckt Blut auf den Lippen. Ehe sie reagieren kann, hat er sie wieder bei der Hand und zieht sie weiter.