Ohne Gnade

von Conny Cöll

 

Inhalt

Ralph Harrod

Clifford Strong

Die Einwanderer

Ein Jahr gebe ich dir Zeit!

Die Jagd ohne Gnade

Die Wölfe

Der Hilfssheriff

Ralph Harrod

Um den Rancher Ralph Harrod ganz und richtig verstehen zu können, muss berücksichtigt werden, dass schon sein Vater George Harrod ein verrücktes Huhn gewesen war. Nicht, dass George Harrod nur Allotria trieb. Nein, seine Ranch hatte er in geradezu musterhafter Ordnung, und dass er es im Laufe vieler arbeitsreicher Jahre zu einem großen Wohlstand gebracht hatte, war nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass er von der Rinderzucht mehr als mancher andere Ranchbesitzer verstand. Und dann waren da noch Harrods Pferde gewesen! Nirgends in ganz Kentucky wurden solche Pferde gezüchtet wie auf Harrods Ranch Hammonia. Vollblüter edelster Rasse, die durch sorgfältigste Auslese immer höher gezüchtet wurden.

Damals, als von den verwegenen Langjägern Kentucky, das „Grasland“, entdeckt worden war, erschien als einer der ersten Ansiedler ein Vorfahre George Harrods, sah das fruchtbare, üppig grüne Land, das zur Pferde-und Rinderzucht wie geschaffen war, warf vor Begeisterung seine lange Flinte hoch in die Luft, schrie irgendeinen verrückten Ruf schrill und gellend gegen den wolkenlos blauen Himmel, fing die Flinte geschickt wieder auf und lachte sein Weib an: „Mabel“, grinste er, „hier ist’s richtig! Hier wollen wir bleiben!“

Und er war geblieben. Trotz den zahlreichen Überfällen der Osage-Indianer, trotz der Not der ersten Jahre, bis seine Siedlung ihre ersten Erträge abwarf und die immer zahlreicher werdende Familie nicht nur von den oftmals kümmerlichen Erträgnissen der Jagd zu leben gezwungen war ...

Es kamen noch mehrere Generationen Harrods. Sie alle blieben auf ihrer Ansiedlung, rodeten, brachen um, schufen Weideland, bauten Ställe und Schuppen und züchteten Rinder, die sie zwar mühevoll, aber gewinnbringend in Louisville verkauften. Und der Wohlstand mehrte sich.

Und dann wurde eines schönen Tages George Harrod als der künftige Herr der immer größer und reicher werdenden Ranch angesehen. George Harrod war dabei gar nicht der älteste, erbberechtigte Sohn. Vor ihm war noch Joe Harrod, ein kräftiger, sonnverbrannter Bursche von fast zwanzig Jahren. Er war der Erstgeborene. George war gute fünf Jahre jünger. Trotzdem galt George als der künftige Rancher, er war der kommende Mann.

Joe Harrod war ein Träumer. Er kümmerte sich so viel wie gar nicht um den Ranchbetrieb. Höchstens, dass er sich ab und zu ein neues, besseres Pferd aus der frei schweifenden Herde herausfing, um darauf in die Wildnis zu verschwinden.

Es war Joe Harrods Zeitvertreib, in die Wildnis zu verschwinden, zu jagen, zu fischen, zu kundschaften. Und als er einmal nach langen acht Wochen noch nicht aus den Wäldern zurückgekehrt war, wunderte sich niemand darüber. Es war schon oft genug vorgekommen, dass Joe sechs und mehr Wochen fortblieb, um dann eines Tages völlig unerwartet und beladen mit Jagdtrophäen wieder aufzutauchen. Hatte er sich einige Tage still und wortkarg auf der Ranch umhergedrückt, verschwand er wieder spurlos und ohne große Abschiedsszene ...

Die Wildnis hatte ihn mit all ihren Lockungen gepackt. Die prickelnde Gefahr, die er ständig fühlen wollte, ließ ihn nicht mehr los. Und dann hatte ihn die Wildnis behalten. Irgendein wild verwachsener Zedernbusch, vielleicht ein moorig dunkler Tümpel mitten im Urwald mochte wissen, wie Joe Harrod umgekommen war. Vielleicht hatte ihn ein Indianerpfeil getroffen oder ein Tomahawk, eine Kugel aus dem Lauf einer Büchse, die einem roten Jäger gehörte oder einem entwichenen Sträfling. Vielleicht war Joe draußen auf der Prärie unter die stampfenden Hufe einer wilden Büffelherde gekommen. Was dann von ihm übrig geblieben war ... na, erzählen wir lieber etwas anderes!

Jedenfalls kam Joe Harrod nie mehr zurück, und eigentlich wunderte sich niemand groß darüber, so tief und ehrlich auch die Sorge der Eltern um Joe war.

Nun war George Harrod, wie gesagt, der kommende Mann. Quicklebendig und stets zu tollen Streichen aufgelegt, war er von John Maine, einem elternlosen, im gleichen Alter stehenden Jungen, der auf der Hammonia-Ranch eine zweite Heimat gefunden hatte, reinweg unzertrennlich. George und John drückten gemeinsam die Schulbank in Cedar-Green, wie sich die allmählich um die Hammonia-Ranch herum entstandene Siedlung nannte, George und John schwänzten zusammen den Unterricht, wenn die Frühlingssonne über der zartgrünen, blühenden Prärie prahlte. Dann verzichteten sie großzügig auf das Wissen, das ihnen Mister Winters, der alte Lehrer, an diesem Frühlingstage beibringen wollte. Deshalb ritten sie auf ihren Ponys gleich hinter der Ranch in einem sehr scharfen Winkel nach Süden und ließen die Tiere laufen, so schnell als sie konnten! Der weiche, warme Wind strich ihnen durch das lockere Haar und kämmte die langen Mähnen der Pferde. Deerböcke wippten vor ihnen aufgeschreckt und erregt durch die hügelige Landschaft. Präriehunde sausten pfeifend und quiekend in ihre Erdlöcher, und fernab trabte mit eingezogenem Schweif ein magerer, grauer Präriewolf davon.

Später lagen sie ausgestreckt im Grase und sahen den weißen Wolken am blauen Himmel nach. Sie beobachteten die Bussarde und Goldadler, die ihre weiten Kreise hoch im Blau beschrieben. Und wenn es Abend wurde, pfiffen sie ihre Ponys herbei, schwangen sich in die Sättel und ritten heim zur Ranch. Das war wieder ein Tag gewesen, ganz voll Sonne, Frühjahr und versonnenem Jugendglück!

Natürlich verliebten sich die Zwei, als sie einige Jahre älter waren, auch in das gleiche Mädel. Da gab es dann die erste, handfeste Keilerei zwischen ihnen. Als sie sich ordentlich verdroschen hatten und beide mit blutenden Nasen und verschrammten Gesichtern auf dem Boden lagen, war es George, der mit verlegenem Grinsen auf dem braun verbrannten Gesicht sagte:

„Eh, John, wollen uns wieder vertragen, ja? Schätze, wir pfeifen auf Sally Cutter!“

John Maine hielt George die schmutzige Faust hin, die er gerade noch vorher George in die Seite gerammt hatte, und meinte: „Hast recht, George! Das Girl äugelt sowieso zu viel mit Buster Neyd! Lassen wir Sally laufen!“

Und dann schlug George Harrod lachend in John Maines Rechte ein. Die Eintracht war wieder hergestellt.

In dieser Zeit hatten beide bei dem alten Vormann Bill Rockingham schon gelernt, wie man einen Weidezaun flickt, wie man Hufe beschneidet und Riemen- und Sattelzeug ausbessert. Und sie hatten reiten gelernt! Nicht nur, dass sie aufrecht und stolz im Sattel eines galoppierenden Gaules sitzen konnten. Nein, auch ohne Sattel hielten sie sich wacker auf dem Rücken eines jeden Pferdes. Sie hingen seitlich am Gaul und ließen ihn im gestreckten Galopp dahinrasen. Sie ritten stehend auf den Pferden, und George war der erste, der sich bei dem Versuch, auf dem trabenden Pferde einen Salto zu schlagen, fast das Genick brach.

Schon immer war George Harrod darauf aus, etwas zu vollbringen, das an Tollkühnheit und an Verwegenheit grenzte. Diese Eigenschaft hat er nicht nur sein Leben lang nicht abgelegt, sondern sogar an seinen späteren Sohn Ralph vererbt!

Sobald es galt, frische Pferde einzubrechen, waren John und George zur Stelle. Die Cowboys der Ranch durften nur dabeistehen und zuschauen. Es war der Ehrgeiz Georges, dass er jeden Wildling selbst einbrach. Nur John Maine durfte ebenfalls als Zureiter auftreten. Schleuderkiste? Sagte jemand Schleuderkiste?

Für George kam dieses Marterinstrument nie in Frage! Wenn sich der Mustang nicht satteln ließ, ritt ihn George ohne Sattel zu. Den Zaum legte er ihm an, wenn das Pferd schon vor Schreck und Furcht tobend über die Prärie raste! Wenn George die freie Prärie vor sich hatte, machte er jeden noch so wilden und feurigen Gaul zahm. Da draußen war Platz. Da konnte das Pferd Kapriolen machen, wie es wollte. Es konnte seinen Rücken wie einen Katzenbuckel krümmen. Es konnte sich urplötzlich strecken. Es konnte völlig unerwartet mit allen Vieren zugleich in die Luft steigen. George Harrod blieb oben! Und wenn das Pferd merkte, dass es den Reiter nicht abzuschütteln vermochte, verlegte es sich auf die Flucht. Es schoss dahin, als würde es nicht von vier flinken Beinen, sondern von Flügeln getragen und als berührten seine kleinen, unbeschlagenen Hufe nicht mehr das Gras der Prärie. George Harrod aber saß wie festgegossen auf seinem Rücken! Jetzt lief das Pferd um sein Leben. Bald aber merkte es, dass die Lungen schäumten und kochten und dass es sich dem Reiter fügen musste, wenn es am Leben bleiben wollte. Und plötzlich gehorchte es dem Schenkeldruck des Reiters und ließ sich langsam und willig zur Ranch zurückleiten.

Und John Maine machte es ebenso! Die beiden Jungen waren Teufelsburschen!

Selbstverständlich trugen die beiden genau wie alle anderen Cowboys mächtige Colts an ihren Hüften und es verging kein Sonntag auf der Hammonia-Ranch ohne ein Preisschießen!

Es waren Jungen auf der Ranch, die ihre Fünfundvierziger sehr wohl zu handhaben wussten. Manches Herz-Ass wurde aus der auf dreißig Schritte Abstand aufgehängten Spielkarte sauber und präzise herausgeschossen.

Als George und John den Dreh heraushatten und mit dem ersten Schuss das Herz-Ass trafen, ohne lange zielen zu müssen, wurde das Spiel für George zu langweilig.

Die Cowboys hatten bei den sonntäglichen Schießübungen gerne einige Flaschen Whisky dabei. Die bald geleerten, im Grase liegenden Flaschen brachten George auf eine neue Idee.

Mitchel Mount, ein guter Schütze, brachte es schon ab und zu fertig, die von einem zweiten Cowboy in die Luft geschleuderte Flasche zu treffen, sodass sie in tausend Scherben zerbarst, bevor sie den Boden erreichte. George Harrod aber war diese Leistung nicht gut genug. Er bat sich aus, dass er die Flasche selbst werfen dürfe, und er wollte erst dann, wenn die Flasche durch die Luft wirbelte, den Colt aus dem Holster holen.

Die Cowboys lachten, machten Witze über Georges Schießkünste und grinsten. Keiner glaubte, dass es möglich sei, die Flasche zu treffen, wenn der Schütze erst den Wurf machen, sich auf den Schuss konzentrieren und die Waffe aus dem Holster holen müsse.

George Harrod aber wog die Flasche in der Hand, schleuderte sie möglichst hoch empor, sah, wie das Glas in der Sonne glitzerte, zog den Colt und feuerte! Unmittelbar nach dem Knall des Schusses zerbarst mit splitterndem Geräusch die in der Luft wirbelnde Flasche und fiel in Scherben herab!

Das war nun eine Leistung, die ihm keiner der Cowboys nachmachte! Auch John Maine brachte es nie fertig, so oft er es versuchte. Später, als George Harrod längst zu den besten und bekanntesten Pferdezüchtern Kentuckys zählte, ein beachtliches Bankkonto besaß und zu allen großartigen Veranstaltungen des Landes eingeladen wurde, konnte es geschehen, dass er mitten in der feinsten Gesellschaft plötzlich vom Tisch aufstand, eine leere Flasche in die Luft warf und diese zum Entsetzen der anwesenden Ladies und zum Ergötzen der Gentlemen mit einem wohlgezielten Schuss zu tausend Scherben zerschoss!

Die Jahre gingen hin. George Harrod verheiratete sich mit Joan Barnstead. Er lebte mit ihr schon einige Jahre in glücklicher Ehe und John Maine war noch immer unbeweibt. Nach wie vor verrichtete er seinen Dienst auf der Hammonia-Ranch und war dabei zur rechten Hand des Besitzers geworden. John schien mit seinem Los zufrieden zu sein. George dagegen sann und sann, wie er seinem treuen Jugendfreunde John zu Glück und Wohlstand, zu Frau und eigenem Hausstand verhelfen könnte.

Damals brauchte die Siedlung Cedar-Green einen Sheriff. Bisher war man ohne ein besonders erwähltes Organ des Gesetzes ausgekommen, denn in der Ansiedlung selbst geschah kaum einmal etwas, was gegen das Gesetz verstieß. Es waren arbeitsame, anständige Leute, die wochentags ihrer Arbeit nachgingen und am Sonntag ihren Whiskyrausch daheim ausschliefen. Der aufblühende Wohlstand der West- und Mittelweststaaten, auch das verhältnismäßig leicht gelingende Verschwinden und Untertauchen von Leuten, die in den Oststaaten mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, brachten aber immer mehr und mehr Kerle in die Gegend, die es mit dem Unterschied von mein und dein nicht sehr genau nahmen. Es war schon mehrmals vorgekommen, dass dem einen oder anderen Rancher Pferde gestohlen worden waren.

So ein Strolch, der da landfremd daherzieht, macht sich keine Gedanken über ein Pferd. Er verfügt überhaupt über keinen Pferdeverstand. Er nimmt sich ein Pferd von der Weide und reitet es zuschanden. Ein zuschandengerittenes Pferd ist aber für einen Pferdezüchter ein Gräuel, denn es ist nicht mal mehr den Schuss wert, den es zur Beendung seines traurigen und unnützen Zustandes erhält. Außerdem oder hauptsächlich aber war auch damals schon ein hochgezüchtetes Rassepferd ein kleines Vermögen wert, und wer sollte sich so mir nichts dir nichts eines dieser kleinen Vermögen stehlen lassen? Bisher wurde es überall so gehandhabt: man sühnte kurzerhand einen Pferdediebstahl dadurch, dass man den Dieb an den nächsten Baumast hängte. So sollte es auch in Cedar-Green gehandhabt werden!

Deshalb brauchte man einen Sheriff. Es musste doch jemand da sein, der den Dieben die Hanfschlinge um den Hals legte!

George Harrod war der angesehenste Rancher im Country. Er besaß die größte und beste Ranch, er hatte das schönste Bankkonto, und George Harrod war überall vertreten, wo es etwas zu beraten und zu beschließen galt. Überall verstand er es, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen. Seine Vorschläge waren vernünftig und wohl durchdacht. Deshalb erschien es nur recht und billig, als er zum Friedensrichter bestellt wurde. Nun hatte er ein öffentliches, geachtetes Amt zu bekleiden und er traute sich zu, dass er die Bürger von Cedar-Green dazu bestimmen könne, keinen anderen als John Maine zu ihrem Sheriff zu erwählen.

„Hör zu, John“, sagte er geheimnisvoll zu Maine, als er zur Hammonia-Ranch zurückgekehrt war, „ich habe eine neue Aufgabe für dich!“

„Neue Aufgabe?“, fragte John gedehnt zurück. „Lass hören, was du mit mir vorhast!“

„Nun, äh, um es kurz zu machen: Du musst Sheriff von Cedar-Green werden!“

„Ausgerechnet ich?“, fragte John erstaunt. „Wieso kommst du zu dieser verrückten Idee?“

George drückte eine Weile herum, dann platzte er heraus: „‘s ist in der heutigen Zeit nicht mehr so wie in unserer Jugend, John, ‘s ist einfach nichts mehr los, John! Denke mal daran, dass mein Bruder Joe vor wenigen Jahren noch vollkommen spurlos verschwinden konnte! So etwas gibt es ja heute gar nicht mehr! Damals gab es noch Abenteuer, damals gab es noch Gefahren. Und manchmal, John, manchmal gelüstet es mich so sehr nach Abenteuern und Gefahren, dass mir die eigene Haut zu enge wird! Da möchte ich heraus aus dem allen hier, einfach heraus aus dem Alltag, aus dem Wohlstand, aus der satten Bürgerlichkeit und nichts als reiten und reiten, irgendwohin, wo hinter jedem Baum, hinter jedem Felsbrocken eine neue Gefahr lauert. Und da – John – und da dachte ich mir eben, wenn du Sheriff würdest – und wenn ich mich dafür einsetze, wirst du Sheriff, John –, dann würde ich immer mit dir reiten, wenn du einen der Pferdediebe zu fangen hast oder wenn du sonst hinter einigen Strolchen her bist.“

„Du willst also von mir, George“, fragte John Maine erstaunt, „ich soll alle diese Gauner, die heute über unsere Straßen ziehen, hängen? Hast du für diese Tätigkeit keinen anderen gefunden als ausgerechnet mich?“

„Nun, John“, wehrte George Harrod ab, „du bist doch ein guter und anständiger Bürger von Cedar-Green, nicht wahr? Und du bist ein freier, stolzer Bürger der Staaten! Deshalb muss es dir ein sittliches Bedürfnis sein, mitzuhelfen, dieses Gesindel, diese Höllenbrut der Banditen, Wegelagerer und Pferdediebe auszurotten! Das sind doch keine vollwertigen Menschen, John! Ratten sind es, weiter nichts als Ungeziefer und Ratten! Sie gilt es zu vernichten! Es wäre vollkommen verfehlt, in ihnen ein edles Wild zu sehen, das von harten Männern gejagt wird. Allein der Glaube an die Güte des Menschen, der Glaube an das Edle im Menschen, die Überzeugung, dass unser schönes Land von diesem Gezücht der Hölle befreit werden muss, hat uns zu leiten, jeden Übeltäter an den Strang zu bringen!“

„Du sagst das sehr schön, George“, meinte John Maine nachdenklich, „aber muss ausgerechnet ich ...“

„Ja“, unterbrach ihn George Harrod eindringlich, „du bist der richtige Mann, John, den wir als Sheriff in Cedar-Green brauchen. Und – um es ehrlich heraus zu sagen – du bist mein Freund, John, und ich denke, dass du es auch bleiben wirst, solange wir zwei diese schöne Welt mit unserer Anwesenheit beglücken – ich verspreche mir eben davon sehr viel, dass ausgerechnet mein Freund den Sheriffposten hat! Dadurch werde ich jederzeit früher als die anderen Bürger von Cedar-Green erfahren, dass lichtscheues Gesindel gejagt werden soll, und ich habe mir eben in den Kopf gesetzt, dass diese Jagden viel Abwechslung in unseren eintönigen Lebenswandel bringen werden. Reiten, John! Und – schießen, John! Einen guten Colt im Holster, den Patronengurt gespickt voll 45er Munition, einen edlen Rappen unterm Hintern und dann nichts wie hinter den Banditen her! John, dann ist das Leben noch erträglich!“

Halb überzeugt fragte John Maine: „Und du sprichst, als wäre ich bereits Sheriff und als würde ich dich stets mitnehmen, wenn ich einen Verbrecher zu verfolgen habe?

„Dass du Sheriff wirst, John“, sagte George überzeugend, „lass einzig und allein meine Sache sein! Ich muss nur wissen, dass du die Wahl annimmst. Auch dann, wenn ich nicht Friedensrichter wäre, würde mein Einfluss auf die Bürger von Cedar-Green groß genug sein, um sie soweit zu beeinflussen, dass sie alle meinem Vorschlag zustimmen würden. Du musst mir nur ein Versprechen geben, John: Ich muss von jeder Verbrecherjagd rechtzeitig erfahren, damit ich daran teilnehmen kann! Das ist die Bedingung, die ich an deine Erhebung zu unserem polizeilichen Oberhaupt knüpfe! Los also, John Maine, schlag ein!“

Und John Maine schlug in die ihm dargebotene Rechte.

John Maine wurde wirklich Sheriff von Cedar-Green! Nun war es aber mit dieser neuen Würde nicht vereinbar, dass John Maine sozusagen Vormann bei George Harrod war. Deshalb erstand George für seinen Freund ein großes Stück Land, auf dem sich der neue Sheriff auf eigene Faust in der Pferdezucht versuchen konnte. Ein sauberes, nettes Haus erstand darauf, in das Sheriff Maine einziehen musste. Doch wenn George insgeheim gehofft hatte, dass sich John als Besitzer von eigenem Grund und Boden und Vorstand eines Hauswesens nach einer Frau umsehen würde, sah er sich schmählich getäuscht! John Maine züchtete Pferde, ja. Und gar nicht ungeschickt. Er brachte oft genug einen Züchterpreis von den jährlichen Ausstellungen und Rennen heim und mit der Zeit sah man es John nicht mehr an, dass er einmal ein bettelarmer Waisenjunge war, der aus Gnade und Barmherzigkeit bei Harrods auf der Hammonia-Ranch erzogen wurde. John Maine wurde wohlhabend. Und die Bürger von Cedar-Green brauchten es niemals zu bereuen, dass sie John Maine zu ihrem Sheriff gemacht hatten. Unermüdlich jagte und hetzte er jeden Banditen, auf dessen Spur er sich gesetzt hatte, und bald war es im ganzen Mittelwesten unter den Gaunern bekannt, dass es nicht geraten war, in das Gebiet des Sheriffs von Cear-Green zu gehen. Bisher hatte noch jeder Verbrecher den Kürzeren gezogen und so ein Umstand spricht sich schnell herum.

So wäre also alles in bester Ordnung gewesen, nur der Umstand, dass John Junggeselle blieb, wollte George Harrod nie gefallen. In diesem Punkte aber blieb John unnachgiebig, mochte George das häusliche Glück in noch so verlockenden Farben schildern und mochte er ihm noch so viele hübsche, vermögende Bräute vorführen. John Maine blieb eisern!

Währenddessen gedieh Harrods Hauswesen. Er liebte seine Joan aufrichtig aus vollem Herzen und sein Glück wurde ganz vollkommen, als ihm im zweiten Jahr seiner Ehe ein kräftiger, blonder Junge geschenkt wurde, den sie auf den Namen Ralph tauften.

Dieser Ralph war das Ebenbild seines Vaters. Nicht nur, dass er ihm äußerlich glich, nein, auch er heckte die gleichen Jugendstreiche aus wie sein Vater und bald war er der unzertrennliche Begleiter des Vormannes Walt Window geworden. Der kleine Käsehoch war noch nicht fähig, allein in den Sattel seines Ponys zu klettern, und trotzdem ritt er schon wie der leibhaftige Satan über die Prärie! Mit den Cowboys unterhielt er sich wie ein Alter über Rinder und Pferde, er war auch dabei, wenn den Jungrindern und Fohlen das Zeichen der Ranch eingebrannt wurde. Angst kannte Ralph nicht, und ein bockender Gaul brachte ihn nicht aus der Ruhe.

Oft und oft war der Vater mit dem Sheriff zusammen unterwegs. An solchen Tagen holte sich Ralph des Vaters schwere Büchse. Damit begann er seine ersten Schießübungen. Glücklich aber war er erst dann, wenn ihm Walt Window ein Ziel angab, auf das er mit Walts schwerem Colt schießen durfte! Zwar gingen anfangs alle Schüsse fehl, aber der Junge bemühte sich, das schwere Schießeisen mit zwei Händen haltend, zu treffen. Einmal – Ralph war damals knapp zwölf Jahre alt – sah er, wie sein Vater eine in die Luft geworfene Whiskyflasche zu tausend Scherben zerschoss. Von diesem Tage an kannte Ralph Harrod nur noch den einen Wunsch, es seinem Vater in der schnellen und zielsicheren Handhabung des Fünfundvierzigers gleich zu tun.

Der häufigste Gast auf der Hammonia-Ranch war der Sheriff John Maine und der junge Ralph fasste nicht nur eine feste Zuneigung zu dem immer etwas stillen Mann mit dem blitzenden Sheriffstern auf der Brust des bunten Hemdes, er sah zeitlebens in ihm das Musterbeispiel des aufrechten, starken Westmannes und bewahrte dieses Bild bis an sein Lebensende.

Häufig aber war Dad mit dem Sheriff unterwegs. Seiner Frau erklärte George, dass er in seiner Eigenschaft als Friedensrichter den Sheriff zu begleiten habe, womit sich Joan zufriedengeben musste, obwohl sie nicht einsah, dass Georges Anwesenheit bei allen Amtshandlungen des Sheriffs unbedingt notwendig war. Später erhielt der Distrikt einen geschulten Juristen als Richter zugeteilt und George Harrod wurde mit einem großartigen Ehrendiplom der Regierung aus den Diensten des Friedensrichters entlassen. George hing sich das Diplom in einem goldenen, breiten Rahmen über den Schreibtisch, verschwand aber nach wie vor zusammen mit Sheriff Maine von der Ranch, sobald irgendeine Verbrecherjagd angesetzt war.

Harrod wusste seine Ranch in guten Händen. Vormann Walt Window war wirklich unbezahlbar. Er opferte sich für jedes einzelne Pferd der Ranch geradezu auf, er war vom zeitigen Morgen bis in die sinkende Nacht unterwegs, bald im Sattel, bald zu Fuß. Er sorgte und sorgte und mehrte Harrods Reichtum, als ginge es um sein eigenes Geld. Und Mistress Joan Harrod hielt ihr Hauswesen in peinlichster Ordnung. Ihr einziges Leidwesen bildete außer der häufigen Abwesenheit Georges Ralph, weil er es mit durchtriebener Schläue verstand, sich ihren wie der Erzieherin gutgemeinten Ratschlägen und Ermahnungen zu entziehen. Der Bengel erschien eigentlich nur zu den Mahlzeiten und zum Schlafen im Ranchhause. Sonst war er zusammen mit den Cowboys unterwegs. In Walt Window sah er sozusagen einen zweiten Vater, der ihn in allen Cowboykünsten zu unterweisen hatte.

George Harrod war auf jedem Rennen anwesend, auf dem seine Zuchtpferde liefen. Er erschien zu jeder Veranstaltung der Rancher und auf sein Urteil wurde allgemein viel gegeben. Dieser ganze Betrieb, den George um sich haben musste, hielt ihn ständig in Schwung. Doch dann kamen auch Zeiten, in denen der Sheriff John Maine bei bestem Willen nichts zu tun hatte. Weder geschah irgendwo ein Pferdediebstahl, noch ein Einbruch oder ein Mord. In tiefstem Frieden lag das Land.

Dann wurde George Harrod unruhig. Es prickelte ihm unter der Haut. Der Teufel mochte wissen, pflegte er zu sagen, warum solch geheiligter Frieden über dem Lande lag. Das war doch nichts für Männer wie George Harrod! Und er begann, nachzudenken, wie man etwas tun könne, damit mehr Leben in das verschlafene Nest Cedar-Green käme ...

Ein verrücktes Huhn war George schon immer gewesen und so ließ er durch den Sheriff das Gerücht ausstreuen, die Osage-Indianer seien unruhig geworden. Vielleicht würden die Rothäute das Kriegsbeil wieder ausgraben. Man könne nicht wissen, was diese Naturkinder vorhätten. Jedenfalls sei es gut, in den nächsten Tagen etwas auf der Hut zu sein ...

Und dann ging George Harrod selbst durch Cedar-Green und fragte so ganz nebenbei, was die Rancher zu tun gedächten, wenn die Osagen wirklich ... der Sheriff habe da seine guten Quellen für die Nachricht, dass die Rothäute einen Überfall planten ...

Mit heimlichem Augenzwinkern verfolgte er den Schrecken, der sich in den Gesichtern der Rancher spiegelte, und ging mit beruhigenden Worten weiter, um beim nächsten Nachbar die gleiche Frage zu stellen ...

Und dann wurden die guten Bürger von Cedar-Green zur Mitternacht aus ihrem gerechten und tiefen Schlaf gestört! Oben auf den Sandy-Hills brannte ein riesiges Feuer, schattenhafte Gestalten tanzten und sprangen darum herum und wirbelten ihre Streitäxte über dem Kopf! Blutrünstige, gellende Schreie tönten in das friedlich ruhende Tal und seine Bewohner herab! Die Osagen waren auf dem Kriegspfad!

Jetzt rafften die aufgestörten Rancher von Cedar-Green aus allen Schubfächern und Verschlüssen alle Munition zusammen, die sie finden konnten. Gewehre, selbst alte, halb verrostete Vorderlader, wurden geölt und schussbereit gemacht. Frauen und Halbwüchsige wurden im Gebrauch der Feuerwaffen unterrichtet, die Häuser wurden verbarrikadiert, die Fenster dicht gemacht und die ganz Mutigen getrauten sich noch zur Nachtzeit hinaus, um die Pferdeherden in die unmittelbar bei der Ranch gelegenen Koppeln zu treiben. Cedar-Green war zum Empfang der verdammten Rothäute gerüstet! Die roten Söhne Manitous sollten mit Feuer und Schwert empfangen werden!

Dann kam der Morgen. In den Morgenstunden würde der Überfall stattfinden. Das wusste jeder aus den Erzählungen der alten Ansiedler. Friedlich, strahlend und blitzend ging wie an jedem anderen Sommermorgen die Sonne hinter den Kiefernwäldern der Sandy-Hills auf. Die Vögel jubilierten wie sonst. Um die Bienenstände summten fleißig die Bienen. In den Koppeln wieherten die Hengste. Es war ein Morgen wie jeder andere vor ihm und nichts deutete darauf hin, dass böse Indianer im Hinterhalt liegen sollten, um im nächsten Augenblick grässlich bemalt und blutgierig über die friedliche Ansiedlung der Weißen herzufallen.

Irgendwo am Waldrande aber lagen zwei Männer auf der Lauer, die stillvergnügt vor sich hin lachten und sich sogar ab und zu die Bäuche halten mussten, um nicht laut herauszuprusten, weil sie unten in der Siedlung die verrammelten Tore und geschlossenen Fenster sahen. Wie ausgestorben lag Cedar-Green im Schein der Morgensonne ...

Eine Stunde später erschienen auf müden Pferden Sheriff John Maine und Rancher George Harrod in Cedar-Green. Sie kamen, wie sie sagten, von einer Banditenjagd zurück, die sie weit durch Kentucky bis nach Tennessee hinab geführt habe. Und weil sich keine Rothaut um Cedar-Green sehen ließ, und weil im besonderen der Sheriff zurückgekehrt war, ließen sich die Rancher herbei, allmählich wieder ihrer Arbeit nachzugehen. Den ganzen langen Tag aber glitt mancher besorgte Blick hinauf zu den Sandy-Hills, wo in der Nacht der Kriegstanz der Osagen aufgeführt worden war.

Und nach wenigen Tagen behauptete der Sheriff, er habe erfahren, dass die Osagen von einem geplanten Überfall abgehalten worden seien. Ihr Medizinmann habe mit Manitou, dem großen Geist, gesprochen und erfahren, dass dieser Morgen für den Überfall ungünstig sei. Dreimal drei Sonnenläufe müssten sie warten, bis sie den Kriegspfad betreten dürften ...

Dreimal drei Tage und Nächte sorgten sich die Bürger von Cedar-Green. Und dann wurden wiederum die Behausungen dicht gemacht, die Pferde in die Koppeln gedrängt und die Gewehre geladen.

Es war nur zu dumm, dass der Sheriff zusammen mit dem angesehensten Rancher der Siedlung wieder unterwegs sein musste. Und um Mitternacht schreckte wiederum das Kriegsgeheul der Osagen die braven Leute von Cedar-Green aus ihrer Ruhe.

Einige beherzte Männer schlugen vor, die verdammten Rothäute dort oben zu verjagen. Es war zu dumm, dass der Sheriff nicht da war. Ihm stand es zu, die Rancher anzuführen, wenn die geschlossene Streitmacht von Cedar-Green gegen die Osage-Indianer vorging!

Auch der nächste Morgen war friedlich und strahlend schön. Nichts deutete darauf hin, dass Rancher Myer oder Rancher Heynes oder Warnbridge, und wie sie alle hießen, skalpiert werden sollten. Und weit und breit war keine Rothaut zu erblicken. In den Vormittagsstunden ritten Rancher Harrod und Sheriff Maine auf verstaubten Pferden durch die Siedlung. Und nachdem sie einige verständnisvolle Blicke getauscht hatten, begannen sie, die erregten Leute zu beruhigen. Vielleicht habe Manitou auch diesmal den Überfall nicht für gut befunden. Aber man werde weiterhin auf der Hut sein müssen ...

Noch einmal und noch einmal tanzten die Osagen um das Feuer und drohten mit schrecklichem Kriegsgeheul zur Mitternacht. Und einigen Bürgern fiel es auf, dass jedes Mal die Osagen ihren Kriegstanz auf den Sandy-Hills aufführten, wenn der Sheriff und Rancher Harrod abwesend waren.

Da mussten die beiden unverbesserlichen Lausbuben diesen Streich beenden, denn wäre nur einer der Leute von Cedar-Green dahintergekommen, wer sie zum Narren hielt, weiß Gott, es wäre George Harrod ziemlich übel ergangen und auch der Sheriffstern hätte John Maine nicht vor einer ordentlichen Tracht Prügel geschützt!

Und George Harrod sann auf andere Streiche ...

Kopfschüttelnd und erst widerstrebend, aber zu jeder Schandtat bereit, unterstützte ihn dabei das polizeiliche Oberhaupt von Cedar-Green ...

Damals begannen zahlreiche Händler, die Farmer und Rancher aufzusuchen, um ihnen ihren glitzernden Tand anzudrehen. Das Zeug, das sie feilboten, war in der Stadt um wenige Cents zu haben, die Händler aber verlangten gute Dollarpreise dafür. Das Merkwürdige an diesem Handel war, dass die Rancher stets bezahlten, trotzdem sie sehr bald merkten, dass sie Schund gekauft hatten.

Besonders hatten es Rancher Harrod jene dickleibigen Taschenuhren angetan, die mit einem Sprungdeckel versehen waren und auf diesem Sprungdeckel war eine toll qualmende Lokomotive eingraviert oder ein brüllender Löwe oder gar vier, fünf dahingaloppierende Pferde. Solche Uhren verkaufte das Warenhaus in der Stadt für neunzig Cents das Stück. Die Händler aber forderten ganze fünf Dollar! Und Rancher Harrod bezahlte, ließ stolz auf seine neueste Errungenschaft die Uhr im Sonnenlicht blitzen und sah alle fünf Minuten nach, wie spät es sei.

Das Ding tickte mit der Lautstärke eines Weckers einen Tag lang oder sogar drei oder vier. Dann stand es still und keine Macht der Welt vermochte es wieder in Gang zu bringen. George Harrod klopfte erst ganz zart mit dem Zeigefinger an das metallisch schimmernde Gehäuse und führte die Uhr ans Ohr, um zu lauschen. Die mit dem klopfenden Zeigefinger an ihre Pflicht gemahnte Uhr aber blieb nach wie vor still stehen. Da klopfte Rancher Harrod etwas vernehmlicher an und lauschte wieder. Nichts. Stillstand und Ruhe überall. Jetzt nahm er die Uhr und klopfte mit ihr an die Tischkante. Dann horchte er aufs Neue. Ärgerlich, dass die Uhr nicht mehr ging. Aber sie war doch mit fünf guten Dollars bezahlt und musste ticken!

George Harrod wollte der Uhr zum Ticken verhelfen! Noch einmal schlug er das runde Ding wie einen Schmiedehammer auf den Tisch und als es auch nach dieser mehr als deutlichen Aufmunterung nicht daran dachte zu ticken, schmetterte er die Uhr auf den Boden, dass sie mit einem schnarrenden Geräusch ihren billigen Geist aufgab!

„Sauzeug, verdammtes!“, fluchte George vor sich hin.

„George“, mahnte dann Mistress Harrod, „du kommst so oft in die Stadt! Geh doch endlich einmal zum Uhrmacher und kaufe dir dort eine gute Taschenuhr!“

„Wozu erst zum Uhrmacher gehen?“, fragte George zurück. „Diese Uhren sind allesamt gut. Sie haben nur manchmal Tücken, die man ihnen abgewöhnen muss!“

„Du sollst dir eine Uhr kaufen, die wirklich preiswert ist und gut geht!“

„Ach, lass mal“, sagte er friedlich, „ich bringe das Ding schon in Ordnung!“ Dann klopfte er wieder mit der Uhr auf den Tisch, klopfte vernehmlicher, klopfte deutlicher, schlug sie auf die Kante, und als sie wieder nicht ging, flog sie auf den Stubenboden! Beim nächsten Händler kaufte dann George Harrod eine neue Uhr mit Sprungdeckel und fünf galoppierenden Pferden darauf. Jedes dieser eingravierten Pferde kostete einen Dollar, also musste die Uhr doch gut sein! Und nach drei, vier Tagen begann George Harrod zu klopfen und zu mahnen, und nach fünf Minuten flog die Uhr splitternd und krachend auseinander! Es kam ja bald wieder ein Händler mit Uhren ...

Solch verrücktes Huhn war Dad Harrod. Deshalb nahm es weiter kein Wunder, dass auch Ralph, der Sohn, seinen Sparren hatte.

Als er sechzehn war, tat er es in den Schießkünsten seinem Vater gleich. Und beim Zureiten frisch eingebrochener Gäule stand Ralph seinen Mann! Da war ihm keiner der Cowboys über!

George Harrod sah, dass er den Jungen in die Welt hinausschicken musste, wenn aus ihm etwas anderes als ein zwar braver, aber gewöhnlicher Cowboy werden sollte. Ralph war der Erbe einer riesigen Ranch, die ein Vermögen darstellte. Er sollte einen gewissen „Weitblick haben, der ihm später besser durchs Leben helfen sollte. So musste Ralph wohl schweren Herzens, aber gehorsam dem väterlichen Befehl, von seinen Cowboykameraden Abschied nehmen und für einige Jahre die Bänke eines Colleges drücken. Ralph sollte bei Gott kein Gelehrter werden, er sollte sich nur einen einmal notwendigen Bildungsgrad aneignen. Das war für einen Rancher in der heutigen Zeit notwendig wie das Amen im Gebet.