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Archäologie

Mit Spitzhacken, Pinseln und Pinzetten bewaffnet graben sich Archäologen quer durch Mecklenburg-Vorpommern. In den letzten Jahren gelangen ihnen dabei immer wieder spektakuläre Funde.

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Bei gutem Wetter laufen täglich gleichzeitig an bis zu 25 Orten im Land Ausgrabungen.

Ausschlaggebend sind meist zwei Gründe: Entweder soll eine Theorie mit konkreten Funden bewiesen werden oder es sind wert volle Kulturgüter vor anrückenden Baggern zu retten. Bei den „Notsicherungen“ müssen Archäologen schnell handeln – sonst gehen wichtige Altertümer unwiederbringlich verloren.

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Groß Raden ist das größte archäologische Freilichtmuseum des Landes.

Inmitten der Sternberger Seenlandschaft gruben Archäologen zwischen 1973 und 1980 eine über 1.000 Jahre alte Slawensiedlung samt Tempel aus. Aus den Funden rekonstruierten die Wissenschaftler den Siedlungskomplex und bauten ihn originalgetreu wieder auf – einzigartig in Norddeutschland.

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Die bekannteste Ausgrabung der letzten Jahre fand 2006 in Neubrandenburg statt.

Über einhundert Wissenschaftler und Helfer gruben rund ein Jahr lang den Marktplatz um und förderten sensationelle Funde zutage. So fand man unter anderem das mittelalterliche Rathaus, Fundamente einer bisher unbekannten mittelalterlichen Markthalle und die Kellerräume des 1945 abgebrannten Stadtschlosses. Dort lagerten jede Menge Austernschalen – offenbar eine Leibspeise der ehemaligen Bewohner. Und noch ein großes Rätsel konnte die Grabung zumindest teilweise lösen: Reste von kostbaren Statuen gaben den entscheidenden Hinweis auf den Verbleib der seit 1945 verschwundenen Kunstssammlung der Stadt. Sie verbrannte wahrscheinlich bei der Bombardierung Neubrandenburgs am Ende des Zweiten Weltkrieges.

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Bevor die Ostseeautobahn A 20 gebaut werden durfte, war sie Deutschlands längste Ausgrabungsstrecke.

Allein im Landesgebiet von Mecklenburg-Vorpommern wurden auf 280 Kilometern Länge 495 Bodendenkmale entdeckt – durch schnittlich alle 565 Meter eines. Die Funde entstammen einem Zeitraum von rund 10.000 Jahren. Überrascht stellten die Forscher fest: Die A 20 folgt, wenn auch unbeabsichtigt, in ihrem Lauf einer alten Handelsstraße von Hamburg nach Stettin. Zutage kamen unter anderem Wohnhäuser, Ställe, Burganlagen und Gräberfelder. Besondere Highlights waren ein jungsteinzeitlicher Siedlungsplatz bei Triwalk in der Nähe von Wismar und ein 6.000 Jahre alter Kupferschatz in Neuenkirchen. Auch über die Essgewohnheiten der „Ureinwohner“ M-Vs gewann man neue Erkenntnisse: Sie liebten gesüßten Hirsebrei und brauten alkoholische Getränke aus Hafer.

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Der sensationellste Fund der letzten Jahre ist die Entdeckung der historischen Handelsstadt Reric.

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Über 200 Jahre suchten Forscher nach dem sagenumwobenen Ort an der mecklenburgischen Ostseeküste, der lange den Handel im gesamten Ostseeraum beherrschte. Alte Chroniken überlieferten den Ruhm der mächtigen Marktmetropole und deren blutiges Ende. Im Jahr 808 n. Chr. überfiel sie der Dänenkönig Gudfred Reric mit seinen Truppen, brannte den Ort nieder und entführte die Kaufleute in das an der heutigen schleswig–holsteinischen Küste gelegene Haithabu. Spekulationen, wo Reric genau lag, gab es viele. Einige Forscher vermuteten, dass das heutige Lübeck mit Reric identisch sei, während sich andere ganz sicher waren, dass die Michelenburg, Stammburg der Obotriten, und Reric ein und denselben Ort bezeichneten.

Nach ersten Grabungen von 1989 bis 1991 und umfassenden Untersuchungen von 1995 bis 1998 steht für die meisten Experten heute fest: Reric lag bei Groß Strömkendorf vor der Insel Poel. Profis des Archäologischen Landesamtes und der Universität Kiel fanden unter anderem Hafenanlagen, Häuser, Gräber und 62.500 Scherben. Ihre Funde zeigen, dass der Siedlungs platz offensichtlich eine multikulturelle Einwohnerschaft hatte. Wikinger, Friesen, Franken, Slawen und Sachsen lebten in der relativ kleinen Siedlung – man vermutet 100 bis 200 ständige Bewohner. Das zeigen die unterschiedlichen Gräbertypen im nahe gelegenen Grabhügelfeld. Das heutige Rerik hat mit der alten Siedlung übrigens nichts zu tun. Rerik hieß bis 1938 Alt Gaarz und wurde erst von den Nazis umbenannt. Damals glaubte man, in einem neu entdeckten Burgwall das alte Reric erkannt zu haben.

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Auf dem Ostseegrund schlummern jede Menge ungehobene archäologische Schätze.

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Die Ostsee ist ein wahres Paradies für Schatzsucher. Allein vor M-Vs Küste sind rund 1.400 archäologische Fundstellen bekannt – darunter 800 Schiffs wracks. Ein richtiger Schiffsfriedhof befindet sich in der Tromper Wiek südlich vom Kap Arkona. Dort liegen über 50 gekenterte Schiffe. Sie stammen vor allem aus dem 18. und 19. Jahrhundert, aber auch aus dem Zweiten Weltkrieg. Das archäologisch wertvollste Wrack bargen Taucher 1997 vor Hiddensee – eine Kogge samt Ladung. Um 1339 gebaut, steht das Segelboot heute im Museum für Unterwasser-Archäologie in Sassnitz. Aber nicht nur gesunkene Schiffe liegen auf dem Meeresgrund. Auch die Überreste jahrtausendealter Orte sind unter Wasser konserviert. Weil der Meeresspiegel im Laufe der Zeit stieg, wurden sie überflutet. Steinzeitliche Spuren gibt es unter anderem im Greifswalder Bodden, vor der Nordwest küste Rügens, vor Zingst, dem Darß und vor Kühlungsborn. Ein ganzes Siedlungsnetzwerk liegt in der Wismarer Bucht. In der Steinzeit war das Gebiet ein fjordartiges Areal mit kleinen Inseln und deshalb ein idealer Raum für Jäger-, Sammler- und Fischerkulturen. In den letzten Jahren fand man im relativ flachen Wasser der Bucht 17 bis dahin unbekannte Siedlungen. Einige von ihnen sind über 7.000 Jahre alt. Geborgen wurden beispielsweise Werkzeuge, Fischzäune, Koch stellen mit angekokeltem Brennholz und Einbaum-Boote.

Die überraschend hohe Zahl neuer Funde in jüngster Vergangenheit ist leicht erklärbar: Seit Anfang der 1990er-Jahre fliegen zum einen mehr private Sportflieger über die Küste und entdecken dabei die aus der Luft ofleichter erkennbaren Schätze, zum anderen wird die Unterwasserarchäologie erst seit 1989 professionell vorangetrieben.

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Die „Prillwitzer Idole“ sind der größte kunsthistorische Fälschungsskandal des Landes.

Am 13. Februar 1768 berichtete eine Hamburger Zeitung über eine archäologische Sensation: In Neubrandenburg waren 37 alt-slawische Götterfiguren und Kultgefäße aufgetaucht und als Überreste des sagenumwobenen Tempelheiligtums Rethra gedeutet worden: „Der größte darunter befindliche Götze ist der [slawische Hauptgott] Radegast, auf dessen Rücken mit rhunischen Buchstaben ganz deutlich zu lesen ist: Radegast Rhetra.“ Plötzlich schien eines der größten und spannendsten Geschichtsrätsel Mecklenburgs gelöst: die Lage der geheimnisvollen slawischen Kultstätte Rethra. Seit Jahren diskutierten Historiker, Dorfpastoren und selbsternannte Experten darüber, wo der Tempel zu suchen sei. Mit dem Fund der Figuren, so schien es, war die Sache nun eindeutig geklärt: Das Heiligtum musste in Prillwitz, am Ufer des Tollensesees, gestanden haben.

Dort, so berichtete die Zeitung, grub sie der örtliche Pastor Samuel Friendrich Sponholz zwischen 1687 und 1697 aus und vererbte sie später seinem Bruder, der sie wiederum seinen Enkeln hinterließ. Als der Neubrandenburger Arzt und Hobbyhistoriker Hempel die Götzenbilder im Januar 1768 im Haus von Gideon Nathan Sponholz sah, kaufte er sie sofort ab und informierte stolz die Öffentlichkeit über seine Entdeckung. Ein eilig herbeigerufener Experte bestätigte die Echtheit. Die Sensation war perfekt. In ganz Europa sprach man von den unglaublich gut erhaltenen Figuren. Die Wahrheit war jedoch sehr viel schlichter: Sponholz, der von Beruf Goldschmied war, hatte die Figuren zusammen mit seinem Bruder gefälscht und den Arzt Hempel bewusst in eine Falle gelockt.

Umstritten war die Sammlung von Anfang an. Schon wenige Tage nach den ersten Berichten meldete in den „Neuen Strelitzschen Anzeigen“ der Warliner Pastor Christian Friedrich Sense „einige bescheidene Zweifel“ an. Seine Hauptargument: Die „Püppchen“ seien viel zu winzig und stimmten nicht mit den Beschreibungen in historischen Quellen überein. Außerdem erschien es Sense undenkbar, dass man eine Figur mit „Hundsgesicht“ als Hauptgott angebetet habe.

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Der grassierende Rethra-Wahn ließ die Warnungen des Pastors fast ungehört verschallen. Prinz Carl von Mecklenburg, dessen großherzogliche Familie stets voller Stolz auf die eigenen slawischen Wurzeln verwies, wollte die Figuren unbedingt erwerben. Er schickte einen Vertrauten nach Neubrandenburg, dem – welch ein Wunder – 22 weitere, bis dahin unbekannte Figuren präsentiert wurden. Ohne langes Zögern griff der Prinz in die Schatulle des Ratzeburger Doms und kaufte den Sponholz-Brüdern die Kunststücke ab.

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Die bis dahin aufgetauchten Figuren, immerhin schon über 60, stillten den Hunger nach slawischen Altertümern nicht. Sie machten nur Appetit auf mehr. Vom begeisterten Prinzen erhielten die Sponholz-Brüder eine Ausgrabungserlaubnis – und tatsächlich: In Gegenwart von Zeugen gruben sie weitere Göttergötzen und Ritualgegenstände aus, die sie sofort gewinnbringend verkauften. Die beträchtlichen Einnahmen verflüchtigten sich relativ schnell. Die Brüder verzockten sich bei Spekulationsgeschäften und sahen sich deshalb gezwungen, immer neue Fälschungen anzubieten. Interessenten gab es in ganz Europa genug. Ein prachtvoller Bildband mit wertvollen Kupferstichen des Strelitzer Hofmalers Daniel Wogen wurde an viele europäische Königshäuser geliefert. So gab es Verhandlungen mit dem russischen Zarenhof, der die komplette Sammlung ankaufen wollte. Ein Ansinnen, das auch Prinz Carl von Mecklenburg verfolgte und schließlich in die Tat umsetzte. Gegen eine nicht unbeträchtliche Leibrente für die Brüder Sponholz und Entschädigungen an die übrigen Neubesitzer gefundener Figuren vereinte Carl die vermeintlichen Schätze zu einer Sammlung.

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Zweifel an der Echtheit blieben trotzdem. So stutzten Experten, dass die zuerst gefundenen Götterfiguren Kleidung trugen und nicht wie sonst üblich nackt waren. Kurioserweise erledigte sich das Problem bei später ans Tageslicht geholten „Entdeckungen“ ganz von selbst: Die Götter zeigten sich nun erwartungsgemäß unverhüllt. Auch die Runen-Aufschriften sorgten wegen einiger „Druck“-Fehler für Verwirrung, genau wie die beträchlich variierende Zusammensetzung der Edelmetalle und der nur sehr oberflächlich vorhandene Rost.

Erst 1851, die Brüder Sponholz waren bereits lange verstorben, wurden die Figuren offiziell als Fälschung enttarnt. Der Neubrandenburger Historiker Franz Boll wies in akribischer Quellenarbeit nach, dass alles nur ein riesiger Schwindel war. Überlebt haben die Idole trotzdem. Seit 1950 gehören sie dem Volkskundemuseum Schwerin-Mueß und erinnern an den größten kunsthistorischen Fälschungsskandal, der jemals das Land erschütterte.

Auswanderer

Armut, Leibeigenschaft und politische Unterdrückung – Gründe, die Heimat zu verlassen, gab es für Mecklenburger und Pommern genug. In der Fremde suchten sie ihr Glück. Einige fanden es und prägten ihre neue Heimat.

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Mecklenburg und Pommern waren lange Zeit die größten Auswanderungsgebiete des Deutschen Reiches.

Zwischen 1850 und 1900 gingen allein aus Mecklenburg 250.000 Menschen weg – ein Drittel der Bevölkerung. Fast 90 Prozent von ihnen zog es nach Nordamerika. Auch in Pommern sah die Lage nicht besser aus. Zwischen 1844 und 1914 verabschiedeten sich rund 350.000 Leute.

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Das Buch „Jürnjakob Swehn – der Amerikafahrer“ ist ein literarisches Denkmal für alle Auswanderer.

1917 veröffentlichte der Schriftsteller und Lehrer Johannes Gillhoff (1861– 1930) aus Glaisin bei Ludwigslust seinen Erfolgsroman über die Erlebnisse eines mecklenburgischen Auswanderers. Die Geschichte basiert auf echten Auswandererbriefen, die Gillhoff 18 Jahre lang bearbeitete.

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Auswanderer zogen nicht nur über den „Großen Teich“, sondern auch nach Osteuropa.

Als Zarin Katharina II. (1729–1796) im Juli 1763 deutsche Bauern und Handwerker dazu ermunterte, sich in Russland anzusiedeln, fühlten sich auch Mecklenburger und Pommern angesprochen. Sie folgten dem Ruf und zogen an die Wolga. Eine zweite Ost-Auswanderungswelle schwappte um 1820 in Richtung Polen. Nach dem Wiener Kongress warben die neuen preußischen Herrscher in Mecklenburg und Pommern intensiv um Siedler für die Provinz Posen.

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Der Rostocker Friedrich Jeppe führte als Postchef die ersten Briefmarken in Südafrika ein.

Im April 1861 wanderte der Kaufmann Friedrich Jeppe (1834–1898) nach Transvaal, das heutige Südafrika, aus und legte damit den Grundstein für seine unglaubliche Karriere. Innerhalb von sechs Jahren arbeitete er sich an die Spitze der Postverwaltung des Landes hoch und wurde schließlich zum Generalpostmeister befördert. In diesem Job entwarf Jeppe die erste südafrikanische Briefmarke und führte sie zum 1. April 1870 ein. Gedruckt wurden die Wertzeichen in seiner alten mecklenburgischen Heimat. Jeppe gab den Auftrag einem Verwandten, dem Drucker Adolph Otto in Güstrow. Das erwies sich später als Fehler, denn Otto druckte heimlich mehr Briefmarken und brachte die Fälschungen über einen Hamburger Großhändler in Umlauf. Doch nicht nur in Sachen Post machte sich Jeppe um Südafrika verdient. Als begeisterter Kartograph gelang ihm als einer der ersten eine weitgehend vollständige und akurate Karte des Landes. Auch Jeppes Brüder und Neffen machten Karriere in Südafrika. Eine der Hauptstraßen von Johannes burg heißt bis heute „Jeppe Street“.

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1824 wurden Mecklenburger Knastinsassen nach Brasilien abgeschoben.

Weil die Knäste in Mecklenburg-Schwerin überfüllt waren, griff Großherzog Friedrich Franz I. (1756–1837) zu einem ziemlich ungewöhnlichen Mittel: Er schob einfach einen Teil der Gefangenen samt Familien nach Brasilien ab. Im Juni 1824 machte sich von Hamburg aus das erste Schiff mit rund 170 Knastbrüdern und deren Angehörigen aus dem Landesarbeitshaus Güstrow und der Rostocker Arrestanstalt auf die Reise nach Südamerika. Wenige Monate später folgte ein weiteres Kontingent von 89 Zuchthäuslern aus Dömitz. Auch im folgenden Jahr wurde eine Art Sammeltransport aus den verschiedenen Strafanstalten des Großherzogtums zusammengestellt: 83 Knackis verfrachtete die Staatsgewalt mehr oder weniger freiwillig an den Zuckerhut. Darunter auch 10 Gefangene aus dem Kriminalgefängnis Bützow. Die Kosten der Überführung teilten sich der Schweriner Großherzog und der brasilianische Kaiser Pedro I. (1798–1834). Beide Seiten hatten dabei ein gutes Gefühl: Friedrich Franz rechnete mit Ersparnissen beim Unterhalt seiner Strafanstalten und Pedro freute sich über neue Staatsbürger und die offizielle Anerkennung seiner Monarchie, die mit dem Vertrag einherging. Mehr Transporte gab es allerdings nicht, denn den mecklenburgischen Großherzog plagten plötzlich Gewissensbisse. Nicht ganz unerheblich dürften dabei Zeitungsberichte gewesen sein. Sie schilderten die miserablen Bedingungen in Brasilien und den unfairen Umgang mit den Neuankömmlingen.

Mehr oder weniger freiwillig fanden große Gruppen von Pommern nach Brasilien. Sie flohen vor Armut, Militärdienst und religiöser Unterdrückung. Die neue Heimat bot ihnen Freiheit und Land. Bis heute gibt es in Brasilien Nachkommen der ausgewiesenen Mecklenburger und ausgewanderten Pommern. Im Ort „Pomerode“ lebt man zum Beispiel in typisch norddeutschen Backsteinhäusern und snackt Platt.

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Carl Möglin aus Wismar war ein echter Glückspilz und der einzige Auswanderer, der die Heimat zweimal verließ.

1854 machte sich der Schiffsjunge Carl Möglin (1839–1874) auf den Weg in die weite Welt. Fünf Jahre schipperte er über die Meere und sparte fleißig seine Heuer. Vom Geld kaufte er sich schließlich ein Stück Land in Australien. Eine gute Investition, denn unverhofft fand Möglin auf seinem Grund und Boden Gold. Plötzlich steinreich, zog er nach Melbourne und lebte dort wie ein wahrer Gentleman. Er freundete sich mit Künstlern an, begann Gemälde und asiatische Antiquitäten zu kaufen und ließ seine beiden Schwestern nach „Down Under“ nachkommen. Als er mit nur 34 Jahren starb, hinterließ Möglin eine wertvolle Sammlung. Seine Schwestern führten sie fort und vermachten alles der Stadt Wismar. 1894 gingen unzählige Pakete auf die Reise nach Mecklenburg, darunter zwei ausgestopfte Kängurus, ein Koalabär und ein Krokodil. Auch Carl Möglin machte sich noch einmal posthum auf die Reise. 1874 in Melbourne bestattet, wurde er 1888 nach Wismar umgebettet. Das Gastspiel dauerte nur 7 Jahre. 1895 ging’s zurück nach Melbourne, wo er bis heute ruht. Damit ist Möglin wahrscheinlich der einzige Doppel-Auswanderer M-Vs.

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Dr. Bernhard Funk aus Neubrandenburg war ein Enfant terrible der Südsee.

Der Neubrandenburger Mediziner Dr. Bern hard Funk (1844–1911) war der erste Arzt auf Samoa. Kurz nach seiner Approbation zog es ihn 1870 nach Australien. Von dort ging er als medizinischer Betreuer eines Handelshauses nach Apia auf die Südseeinsel Samoa. Äußerst ungewöhnlich für einen Angestellten einer Kolonialgesellschaft: Funk zeigte enormes Interesse an der Kultur seiner neuen Heimat. Er legte eine große Sammlung pazifischer Kunstgegenstände an. Sie befindet sich heute im Besitz des Neubrandenburger Heimatmuseums. 1892 veröffentlichte Funk ein Wörterbuch „Deutsch – Samoanisch – Englisch“. Zudem gründete er eine Wetterstation, die es bis heute gibt. Auch privat konnte sich Funk über Langeweile nicht beklagen: Er heiratete die Tochter des berühmt-berüchtigten Piraten Bully Hayes, zeugte mit ihr ein Kind und verließ sie dann für die Tochter eines samoanischen Stammeshäuptlings. Gut bekannt war Funk übrigens mit dem Schriftsteller Robert Louis Stevenson („Die Schatzinsel“, „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“). Der war ein Nachbar.

Backstein

Sie gehören zu M-V wie blauer Himmel und gelber Raps – rote Backsteinbauten. Seit Jahrhunderten prägt der Baustoff die Architektur des Landes, dessen grandioser Höhepunkt die Backsteingotik ist.

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Die ältesten Backsteinbauten des Landes sind zum Teil fast 800 Jahre alt.

Zu den ältesten Backsteinbauten zählt die Kirche von Vietlübbe im Landkreis Nordwestmecklenburg. 1230 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, ist sie zugleich die älteste Dorfkirche M-Vs. Auch Teile des Schweriner Doms, die Stadtkirche Parchim sowie die Stadtmauern von Wittenburg und Parchim stammen aus dem 13. Jahrhundert.

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Die Backstein-Technologie brachten Mönche aus Oberitalien in den Norden.