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Guten Tag, mein Name ist Hiob

 

Ein Ratgeber zum Überbringen schlechter Nachrichten in der Medizin

 

Dr. Christian Lüdke

Prof. Dr. Christian Perings

 

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Bei der Herstellung des Werkes haben wir uns zukunftsbewusst für umweltverträgliche und wiederverwertbare Materialien entschieden.

Der Inhalt ist auf elementar chlorfreiem Papier gedruckt.

 

 

 

 

ISBN 978-3-86216-251-2

© 2017 medhochzwei Verlag GmbH Heidelberg.

www.medhochzwei-verlag.de

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Wichtiger Hinweis

Die gute Nachricht:

 

Begriffserklärung:

schlecht: Das Adjektiv „schlecht“ bedeutet laut DUDEN ursprünglich „geglättet, glatt, eben, einfach, schlicht“. Es gehört zu dem Verb „schleichen“ in dessen Bedeutung „leise gleitend gehen“. Im Mittelalter erreichte es die Bedeutung von „gering- und minderwertig“. Heute ist es das Gegenwort zu „gut“.

Nachricht: Das seit dem 17. Jh. gebräuchliche Wort „Nachricht“ trat an die Stelle von „Nachrichtung“ und bedeutete wie dieses zunächst „das, wonach man sich zu richten hat, Anweisung.“ Dann wurde es im Sinne von „Mitteilung (die Anweisungen enthält), Botschaft, Neuigkeit“ gebräuchlich.

 

„Ich habe keine Angst davor zu sterben.
Ich möchte nur nicht dabei sein, wenn es passiert.“

Woody Allen

 

 

Sag die Wahrheit,
nichts als die Wahrheit,

aber niemals …
die ganze Wahrheit!

 

Menschen.tif

Foto: Liane Metzler

 

„Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von Deinen.

Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und

erzählen, was wüßtest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir

jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir

Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich […] stehen,

wie vor dem Eingang zur Hölle.“

Franz Kafka aus einem Brief an Oskar Pollak, 8.11.1903

 

 

 

In Liebe unseren Kindern gewidmet,
die über irgendetwas sehr glücklich sind.

 

Teil 1 | Schlechte Nachrichten in der Medizin – Herausforderungen ärztlicher Kommunikation

 

Einleitung und Gebrauchsinformation

Notwendigkeit und Nutzen für den Arbeitsalltag

Liebe Leserin, lieber Leser!

Der biblische Hiob hat selbst keine schlechten Nachrichten überbracht. Er war vielmehr der Empfänger schlechter Nachrichten – dennoch hat er dabei seinen Glauben niemals verloren. Die Nachrichten von den Katastrophen, die Hiob in kurzer Folge ereilten, wurden ihm von einem seiner Knechte, dem einzigen Überlebenden der jeweiligen Katastrophe, überbracht. In Anlehnung daran bezeichnen die umgangssprachlichen Begriffe „Hiobsnachricht“ oder „Hiobsbotschaft“ im heutigen Sprachgebrauch eine schlimme Unglücksnachricht, wie den plötzlichen Tod eines Angehörigen oder engen Freundes oder die Mitteilung einer lebensverkürzenden Diagnose.

Schlechte Nachrichten gehören zu den Tatsachen des Lebens. Täglich werden Menschen in Krankenhäusern mit Nachrichten konfrontiert, die ihre Lebensplanung und -einstellung dramatisch in Frage stellen, verändern oder gar zerstören. Diagnose Krebs oder auch andere Krankheiten – die Tatsache an sich ist schon ein Schicksalsschlag. Doch noch schlimmer: Das Überbringen dieser Nachrichten verläuft sehr häufig unprofessionell, um nicht zu sagen: katastrophal. Menschen erinnern sich ihr ganzes Leben an diese 10 Minuten, in denen ihnen eine schlechte Diagnose übermittelt wurde. Und schon diese Erinnerung allein ist häufig traumatisch. Auf Fluren, mit Zeitdruck und völlig unvorbereitet, treffen Menschen diese Nachrichten – die damit schlagartig zu Patienten, wenn nicht gar zu „Todgeweihten“ werden. Das Überbringen schlechter Nachrichten in der Medizin gehört zu den unbeliebtesten und daher gemiedenen Handlungen im Krankenhaus.

Jeder Arzt und alle im medizinischen Bereich Tätigen kennen Situationen, die sie als sehr schwer und belastend erlebt haben, wenn es darum ging, eine schlechte Nachricht zu überbringen. Wer hätte sich da nicht eine bessere Vorbereitung oder Ausbildung gewünscht? Ärztliches Kommunikationsverhalten wird bisher bestenfalls mit vage formulierten Qualitätsstandards oder Empfehlungen im Studium und danach vermittelt – andere, eher technische, medizinische Fähigkeiten (EKG, Labor etc.) unterliegen einer rigiden Qualitätskontrolle. Dies ist umso erstaunlicher, als dass seit über 25 Jahren auf gravierende Kommunikationsdefizite hingewiesen wird – von Medizinstudenten, Ärzten, Pflegenden und anderen medizinischen Berufsgruppen; und nicht zuletzt von den Patienten selbst.

Umso mehr stellt sich die Frage, wie man dem Patienten auf die beste Weise sagt, dass er eine lebensbedrohliche Erkrankung hat. Wie können solche Botschaften souverän und empathisch vermittelt werden?

Die gute Nachricht ist: das Überbringen von schlechten Nachrichten kann man lernen. Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen: Neben praktischen Handlungsanweisungen und sprachlichen Lösungsideen vermittelt es auch die Kunst der ärztlichen Interaktion und Kommunikation und gibt Tipps für die ärztliche Selbstfürsorge und soll am Ende dazu ermutigen, der Macht schicksalhafter Ereignisse furchtlos, gelassen und hoffnungsvoll zu begegnen.

„Guten Tag, meine Name ist Hiob“ soll keine strikte Leitlinie sein, sondern Ihnen eine Struktur bieten, von der Sie aber jederzeit abweichen können, um den für Sie besten Weg zu finden, eine schlechte Nachricht zu überbringen.

Hier einige erste Anregungen:

Lesen Sie dieses Buch.

Stellen Sie sich dabei konkret vor, wie eine schwierige Gesprächs­situation für Sie aussehen könnte, versuchen Sie, ein Gespür für diese zu bekommen, und erinnern Sie sich an konkrete Erfahrungen, die Sie in diesem Zusammenhang schon sammeln durften.

Sprechen Sie über die Inhalte.

Das ist einfach gesagt, aber nicht so leicht getan: Über Erfahrungen, Ängste, „Misserfolge“ oder Befürchtungen zu sprechen, fällt manchen Menschen schwer; doch kann ein Austausch mit einer vertrauten Person oder einem Kollegen dabei helfen, die Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und für zukünftige Gespräche Handlungsalternativen zu erhalten.

Selbstverbesserungsprogramm: Üben Sie.

Warum eigentlich nicht mal untereinander mit wechselnden Rollen diese Situationen durchsprechen? Üben – das ist mehr als „Trockenschwimmen“, das ist schon mit einem Fuß im Wasser stehen. Hilfreich ist es auch, die Übungen mit Smartphone oder einer Videokamera aufzunehmen, um sie hinterher gemeinsam anzusehen und zu diskutieren.

Begleiten Sie jemanden.

Einer Person zuzusehen, die „schlechte Nachrichten“ gut überbringen kann, bringt Sicherheit und Vertrauen. Oder bitten Sie einen erfahrenen Kollegen, Sie zu begleiten, damit er Sie unterstützen kann.

Analysieren Sie Stärken und Schwächen, geben Sie Feedback.

Formulierungen, Pausen, Körperhaltungen – wie hat das gewirkt? Lassen Sie sich Feedback geben oder geben Sie selbst eine Rückmeldung an den Kollegen – natürlich nur, wenn dies auch gewünscht ist. Beschreiben Sie hierbei erst das, was gut war, und danach das, was noch verbessert werden könnte, – inklusive konkreter Vorschläge. Also nicht „kritisieren“ und das Schlechte suchen, sondern die Ansatzpunkte für Verbesserungen aufzeigen. Sie werden sehen, Ihr Gesprächspartner wird wesentlich offener darauf reagieren. Werden Sie hier nicht verletzend, sondern reflektieren Sie Ihre Gefühle und auch die „Ausstrhlung“ des Kollegen und des Patienten.

Erstellen Sie Checklisten für Beobachter.

Folgende Fragen sollen dabei helfen, sich auf diese Rolle zu konzentrieren und eine gewisse Balance aufzuzeigen:

Schützen Sie Ihre eigene psychische Gesundheit.

Unser Ratgeber gibt zwar ein mögliches Konzept vor, aber natürlich muss dieses gelebt und eventuell auch nach persönlichen Möglichkeiten und Vorlieben von Patienten und Überbringern angepasst werden. Wenn Sie hier entsprechend der oben genannten Punkte vorgehen, werden Sie von Mal zu Mal sicherer und können auch Ihre individuellen Stärken und persönlichen Strategien weiterentwickeln.

 

Diese Fragen müssen Sie individuell beantworten, denn jeder Patient ist individuell und jede Krankheit ist individuell. Eine schlechte Nachricht zu überbringen, mag einen Schatten auf das Leben des Empfängers werfen und es verdunkeln. Aber denken Sie für Ihre mentale Eigenprogrammierung daran:

Das Licht vertreibt immer den Schatten und niemals umgekehrt!

Aus einer schlechten Nachricht kann keine gute werden. Doch die Art und Weise, wie wir sie mitteilen, enthält den Trost und die Hoffnung für das weitere Leben.

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Foto: Liane Metzler

Christian Perings | Christian Lüdke

Lünen im Oktober 2016

 

Schlechte Nachrichten haben viele Überbringer

Problematik und Ausmaß der Bedrohung

Es gibt Dinge, die niemand gerne macht: aufräumen, lernen, Hausaufgaben machen, auf Geschwister aufpassen, den Müll rausbringen, zum Zahnarzt gehen, Fehler gestehen, Kündigungen aussprechen, einen Seitensprung zugeben. Aber eines ist ganz besonders schwer: schlechte Nachrichten überbringen. Doch das Leben besteht nicht nur aus guten Nachrichten. Wie sagt man dem Bewerber, dass er den Job nicht bekommt? Wie dem Mitarbeiter, dass er die Kündigung erhält? Wie den Kindern, dass es dieses Jahr nicht in den Urlaub geht? Wie dem Partner, dass man fremdgegangen ist oder sich trennen möchte? Und wie sagt man einem Patienten, dass er unheilbar krank ist?

Was sind „schlechte Nachrichten“?

Natürlich gibt es keine eindeutige Definition. Die Autoren verstehen unter „schlechten Nachrichten“ alle Informationen, die die Sicht des Patienten auf die Zukunft drastisch verändern/verschlechtern. Das Zeitfenster „Zukunft“ hängt immer auch vom Zustand/Alter des Patienten und von seinen Wünschen und Erwartungen an diese ab. Der ehemalige Profi-Radfahrer Lance Armstrong beschreibt dies in seiner Autobiografie sehr treffend: „I left my house on October 2, 1996, as one person and came home another.“1 In der Regel sind schlechte Nachrichten häufig mit Begriffen wie „Krebs“ oder „Tod“ assoziiert. Aber in der alltäglichen medizinischen Arbeit gibt es eine Vielzahl von Situationen, in denen schlechte Nachrichten übermittelt werden müssen: Ein Ultraschallbefund eines 3-monatigen Embryos, der eine Erkrankung aufzeigt, aufgrund derer er voraussichtlich nicht lebensfähig ist, ein MRT-Befund, der eine Multiple Sklerose-Erkrankung diagnostiziert, ein junger Mann, dessen Gewichtsverlust mit Diabetes erklärt werden muss.

Eine Vielzahl von Menschen erfährt von Berufs wegen zuerst das Schlechte, das über andere hereinbricht: Ärzte, Pflegende, Polizisten, Rettungssanitäter, Feuerwehrleute, Pfarrer. Sie stehen immer wieder vor der schwierigen Aufgabe, anderen Menschen sagen zu müssen, was sie erfahren haben. Sie machen es, so gut sie es können – sie müssen es ja. Erstaunlich, dass eine Aufgabe von solch tiefgreifender, persönlich anrührender Bedeutung nicht immer wieder aufs Neue miteinander besprochen wird, geschweige denn, dass in Studium oder Ausbildung gelehrt wird, wie es gemacht werden sollte und was es macht – mit einem selbst und mit dem Leidenden. Schlechte Nachrichten lösen einen Schock aus und bleiben auf immer im Gedächtnis haften, sie sind wie ein Schlag mit dem Hammer auf den Kopf. Gerade, weil schlechte Nachrichten so tiefgreifende Veränderungen nach sich ziehen, sollten sie gut vorbereitet sein und wertschätzend wie auch empathisch vermittelt werden.

Im Englischen bezeichnet man das Überbringen schlechter Nachrichten mit „breaking bad news“. Die deutsche Übersetzung dieses Ausdrucks ist dagegen geradezu ausdrucksschwach. „Break“ – ganz gleich, ob als Substantiv oder als Verb – hat im Englischen eine weit gefächerte Bedeutung. Wo im Deutschen die Übermittlung im Vordergrund steht und es dem Empfänger überlassen bleibt, was er mit der Nachricht macht, hat „break“ im Englischen eine eigene aus sich heraus kommende Kraft. Die Bedeutungen reichen von „abbrechen“ oder „stoppen“ über „abschalten“ und „entzweibrechen, zerschlagen“ bis hin zu „lösen“ und „durchbrechen“. Der Überbringer findet sich in einer geradezu Schuld verursachenden Rolle. Er ist der Unglücksbote. Er wird mit der schlechten Nachricht gleichgesetzt. „Breaking bad news“ greift das Unbegreifliche dagegen an, begibt sich nicht in eine passive Rolle. Schlechte Nachrichten werden zerschlagen. Ein unüberwindbarer Zustand wird in einen aus Einzelschritten bestehenden Prozess überführt. Die gewaltige Einengung wird gelöst und letztlich durchbrochen. Bilder, die viel Tröstliches beinhalten. Das Wort „breaking“ impliziert, dass beim Überbringen schlechter Nachrichten tatsächlich etwas zerbricht: Die Welt des Patienten, sein gesamtes Selbstbild und die geplante Zukunft. „Breaking bad news“ – vielleicht bedeutet dies auch Aufbruch durch das Schlechte ins Neue, ins „Gute“ …?

Die Art und Weise, wie eine schlechte Nachricht zuerst mitgeteilt wird, hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie der Patient und seine gesamte Familie mit dieser zurechtkommen. Es erfordert von Medizinern viel Geschick und Fingerspitzengefühl, weil die Mitteilung gleichermaßen Informationen über die Krankheit („Ihre Entkräftung nimmt weiter zu“), die Behandlung („die Chemo-Therapie wird Nebenwirkungen haben“) und auch die Prognose („diese Erkrankung wird Ihr Leben verkürzen“) enthalten sollte.

Dabei ist zu beachten: Patienten haben das Recht, aber nicht die Pflicht, schlechte Nachrichten zu hören. Daher sind auch ein gewisses Verhandlungsgeschick und Gespür des Überbringers erforderlich, um herauszufinden, welches die richtige Art und Menge an Informationen ist, die der Patient als hilfreich empfindet. Viele Patienten wollen vor allem zwei Dinge:

  1. 1. Sie wollen Gewissheit und ganz sichere Informationen.
  2. 2. Sie wollen die Möglichkeit haben, über ihre veränderte Lebenssituation zu sprechen und nachdenken zu können.

Mit anderen Worten: Das Überbringen einer schlechten Nachricht ist in gewisser Weise ein therapeutischer Dialog. Es muss dabei nicht zu einem endlosen Gespräch kommen, sondern es geht darum, den ganzen Menschen zu betrachten und das Gespräch auf die entscheidenden Punkte zu fokussieren. Die Zufriedenheit des Patienten ist nicht zwangsläufig von der Zeit abhängig, die ihm gewidmet wird, sondern von der Qualität des Gespräches und der Qualität der Beziehung zwischen Mediziner und Patient. Dieselben Fakten können auf der einen Seite Angst und Wut hervorrufen oder aber auf der anderen Seite Optimismus und Hoffnung vermitteln.

Das (Erst-)Gespräch über eine schwierige Diagnose kann auch eine Chance für Gesundheitsberufe sein: Den Menschen in ihren tiefsten Ängsten und Bedürfnissen zu begegnen, kann gerade hier eine enge und für beide Seiten tiefe, reiche und bewegte Beziehung beginnen lassen.

Man benötigt keine Spezialisten zum Überbringen schlechter Nachrichten. Was man aber benötigt, sind spezielle Fähigkeiten, die jeder Mensch schnell lernen, verinnerlichen und im Arbeitsalltag anwenden kann. Unseren vorliegenden Ratgeber haben wir in erster Linie für Mediziner geschrieben. Er kann aber auch von allen anderen hilfreich genutzt werden, die in ihrem Beruf schlechte Nachrichten überbringen müssen oder andere Menschen darin ausbilden wollen. Wichtig sind die grundsätzlichen Prinzipien, die dabei berücksichtigt werden sollten und die in den unterschiedlichsten Situationen angewandt werden können. Unser Ziel ist es, eine ganz einfache und sehr wirksame Methode zum Überbringen schlechter Nachrichten zu vermitteln. Im Mittelpunkt stehen dabei die Wertschätzung des Patienten, die Achtung seiner Gefühle, die Möglichkeit seiner Selbstmitteilung und die Qualität des Gespräches.

 

Die Wirkung der Nachricht auf Arzt und Patient

Empathiestress und psychische Belastungen

Ein Gespräch über schlechte Nachrichten in der Medizin ist fast immer auch ein Gespräch über das Ende des Lebens – und den Tod. Die Unterscheidung zwischen Ende des Lebens und Tod ist bedeutend. Verbunden mit dem Erhalt einer schlechten Nachricht – etwa der Diagnose Krebs – sind immer Fragen wie: „Wie lebe ich?“ „Wie will ich den ‚Rest‘ meines Lebens gestalten?“ „Was ist mir wichtig?“ „Was möchte ich noch ‚erleben‘? Mit wem? Wo?“ „Was ist mein Leben, was war mein Leben?“ „Welche Werte habe ich?“

Spätestens in einem solchen Fall ist meist weniger entscheidend, wie lange ich noch lebe, sondern die Frage, wie ich noch lebe. Einige Menschenbilder in der Humanmedizin haben hierauf keine oder eine nur sehr unbefriedigende Antwort. Schlechte Nachrichten zu überbringen führt in vielen Fällen zu Stress und psychischen Belastungen, sowohl beim Überbringer als auch beim Empfänger. Zu den häufigsten psychischen Belastungen gehören Angst und Depression. Bei Depressionen richtet der Patient seinen Blick in die Vergangenheit, bei Angst in die Zukunft.

Verletzen und verletzt werden

Reaktionen, Symptome und Verläufe von Traumata am Beispiel Schlaganfall

Jeder Mensch wird von einer Art Ozonschicht umgeben, die aus einer Schutzillusion besteht. Wir alle wissen, dass schlimme Dinge im Leben passieren: Unfälle, Überfälle oder lebensbedrohliche Erkrankungen; Aber wir schließen diese Ereignisse für uns persönlich aus. Wir denken, das passiert nur anderen, uns aber nicht. Doch in dem Augenblick, in dem wir selbst, ein Familienangehöriger oder gute Freunde betroffen sind, kann unsere Ozonschicht so schwer verletzt werden, dass die Folge ein Trauma (große Wunde) ist. Nicht das traumatische Ereignis allein bewirkt die Verletzung, sondern das traumatische Ereignis (extern) in Verbindung mit dem dadurch ausgelösten psychischen Prozess (intern). Ein psychisches Trauma ist somit auch nichts, was mit dem traumatischen Ereignis allein (z. B. mit der Diagnosemitteilung) beendet ist, sondern ein prozesshafter Vorgang, der sich über das traumatische Ereignis hinaus erstreckt. Ein Trauma löst bei den Betroffenen und deren Angehörigen oft Gefühle von Hilflosigkeit, Kontrollverlusten, Lebensbedrohung und der Erschütterung des grundlegenden Sicherheitsgefühls aus. Plötzlich ist die Welt nicht mehr sicher. Ich bin nicht mehr sicher. Mein Leben ist nicht mehr sicher.

Diagnose Schlaganfall: Ereignisse wie diese entreißen einem den Boden unter den Füßen, sie verändern das Leben eines Menschen völlig und für immer. Ebenso das der Angehörigen. In Bruchteilen von Sekunden ist alles anders. Menschen in einer solchen Situation fühlen sich unsicher und orientierungslos. Die Zukunft scheint kaum erträglich zu sein. Manche können eine solche belastende Situation kaum bewältigen und verlieren zeitweise den Lebensmut. Körper und Seele reagieren sehr stark auf diese Ausnahmesituation. Betroffene fühlen sich erschöpft und antriebslos. Im schlimmsten Fall kann ein Trauma die Folge sein. Enttäuschung, Desillusionierung, Verzweiflung und Hilflosigkeit sind die Begleiter der nächsten Wochen und Monate. Nichts ist mehr so, wie es vorher einmal war …

Der Schlaganfall ist keine einheitliche Erkrankung. Der Oberbegriff „Schlaganfall“ – auch Apoplex oder Hirninsult genannt – wird vielmehr für eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen verwendet, die verschiedene Ursachen haben und damit auch unterschiedliche Therapien erfordern. Der Begriff wurde in einer Zeit geprägt, in der es noch nicht möglich war, die verschiedenen Formen und Ursachen dieser Erkrankung so zuverlässig festzustellen, wie es heute aufgrund der modernen Diagnostik der Fall ist. Je nach Ursache, sprechen Ärzte daher heute z.