Cover.jpg

 

Vorwort
Daniel Kühn

Daniel_K_hn.jpg

 

Langweilt Sie Ihr Job?

Wollen Sie sich ein zweites Standbein aufbauen, einen alternativen (womöglich passiven) Cashflow, von dem Sie irgendwann vielleicht sogar Ihren Lebensunterhalt bestreiten können? Und dabei auch noch viel Spaß haben und Faszination erleben?

Träumen Sie eventuell sogar davon, reich oder zumindest sehr wohlhabend zu werden?

Dann sind Sie an der Börse goldrichtig. Denn dort ist all das möglich!

Es ist allerdings alles andere als einfach. Um das zu schaffen, brauchen Sie ordentlich Mut, einiges an Demut, viel Disziplin, jede Menge Respekt, ein bisschen Glück und noch vieles mehr.

Man kann natürlich auch wohlhabend werden, indem man Fußballer wird. Oder ein Start-up gründet. Oder im Lotto gewinnt. Aber das sind Fantastereien, die sich nur für ganz wenige realisieren.

Den Börsentraum dagegen kann eigentlich jeder leben. Man muss sich aber, will man langfristig erfolgreich sein, zwingend an Regeln halten. Denn niemand wird dauerhaft vom Glück verfolgt. Und man darf nicht verzweifeln, wenn es zwischendurch einmal nicht läuft. Schmerzhafte Verluste gehören dazu. Sie sind Teil des Spiels.

Die Krux am Trading ist nämlich, dass man selbst dann Geld verlieren kann, wenn man eigentlich keine offensichtlichen Fehler macht (sich also z.B. streng an einen Tradingplan hält). Das hat einen ganz einfachen, banal anmutenden Grund: Die Kurse von morgen stehen heute noch nicht fest. Auch mit den ausgefeiltesten Methoden kann man daran nichts ändern. ABER: Man kann das Chance-Risiko-Verhältnis zu seinen Gunsten beeinflussen. Und Ihnen dabei zu helfen sehen wir als unsere Mission an.

Die großen W-Fragen an der Börse lauten:

Was kaufe ich (welcher Basiswert)?

Wie viel kaufe ich (welchen Teil meines Depots will ich in diesen Wert investieren)?

Wann verkaufe ich (Take Profit = Gewinnrealisierung)?

Wo ziehe ich die Reißleine (Stop-Loss = Verlustminimierung)?

Diese Fragen sind zentral für den eigenen Tradingplan und für das damit einhergehende Moneymanagement. Ohne Plan sollte man nicht handeln!

Methodisch nutzen wir auf dem GodmodeTrader vor allem die Technische Analyse im weitesten Sinne. Dabei wird ausschließlich das Agieren der Marktteilnehmer analysiert, welches sich im Kursverlauf niederschlägt. Die Prämisse dabei ist, dass alle kursrelevanten Informationen durch Kauf- und Verkaufstransaktionen der Marktteilnehmer eingepreist werden. Der Begründer der westlichen Charttechnik, Charles Dow, postulierte daher, dass Fundamentalanalyse im Rahmen der Chartanalyse überflüssig ist. Denn wer möchte sich anmaßen, es besser zu wissen als der Markt in seiner Gesamtheit?

Der Charttechniker versucht nun im Wesentlichen, Trends zu identifizieren, Widerstände und Unterstützungen zu finden, um so eine Handlungsempfehlung abzuleiten.

Der Fundamentalanalyst geht den entgegengesetzten Weg. Er errechnet anhand zugänglicher Informationen und eigener Schätzungen hinsichtlich zukünftiger Gewinne von Unternehmen einen sogenannten fairen Wert. Weicht dieser vom aktuellen Börsenkurs ab, so resultiert daraus eine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung.

Häufig sind sich Chartisten und »Fundis« spinnefeind. Wie Sie an einigen Beiträgen in diesem Buch sehen werden, gehen wir einen anderen Weg. Nicht nur kann man beide Methoden kombinieren (z.B. Auswahl Basiswerte durch Fundamentalanalyse, Timing durch Technische Analyse). Je nach Zeitfenster ist auch eine andere Betrachtungsweise sinnvoll. Je langfristiger der Anlagehorizont, desto eher kann man auf Charttechnik verzichten. Und umgekehrt genauso.

Wir haben bewusst für dieses Buch keinen klaren Fokus gesetzt. Jeder Autor schreibt genau über das, was für ihn besonders spannend ist. So erreichen wir hoffentlich eine hohe Authentizität. Ich bin mir sicher, es ist für jeden etwas dabei. Egal ob Trader oder Investor, ob Anfänger oder Fortgeschrittener.

Ihr
Daniel Kühn

Chefredakteur GodmodeTrader

I RENÉ BERTEIT

Willkommen im Spiel der Spiele

René Berteit startete seine Tradingkarriere mit dem Hype um den Neuen Markt im Jahr 1999. Parallel zu seinem BWL-Studium entdeckte er in dieser Zeit seine Leidenschaft für die Märkte. Nur auf der Long-Seite agierend, waren seine ersten realen Schritte auf dem Börsenparkett ab dem Jahr 2000 mehr als holprig. Es war einfach nicht die Zeit, um Aktien zu kaufen. Angespornt durch diese Erfahrungen setzte sich René Berteit anschließend mehrere Jahre intensiv mit dem Thema Trading auseinander. Im Rahmen seiner eigenen Ausbildung schaute er sich in allen gängigen Tradingbereichen um, um letztlich mit dem Index-Intraday-Handel seine Tradingnische gefunden zu haben.

Neben dem eigenen Trading arbeitet René Berteit auch als Tradingcoach bei Godmode-Trader.de. Hier können angehende Trader von seinen Erfahrungen profitieren, wobei die Ausbildung nicht auf den Intraday-Handel begrenzt ist. Zudem ist er auf Deutschlands größter Internetseite für das charttechnisch orientierte Trading als Analyst tätig.

Interview mit René Berteit

Wie kamst du zum Trading und was macht die Faszination Börse für dich aus?

Im Jahr 1997 begann ich nach meiner kaufmännischen Lehre ein BWL-Studium und bin über dieses immer wieder einmal mit dem Thema Börse in Kontakt gekommen. Wirkliches Interesse aber wurde dort nicht geweckt. Dieses kam erst auf, als alle Welt über die horrenden Gewinne des damals noch neuen »Neuen Marktes« sprach. Das Internet war auf seinem Siegeszug und ein Dot.com-Unternehmen nach dem anderen ging an die Börse. Die Zeichnungsgewinne waren extrem und so konnten diejenigen, die Aktien erhielten, schon am ersten Tag teils hohe zweistellige Gewinne verbuchen. Aber auch danach ging es munter weiter. Alles stieg, womit weniger die Frage war, ob man an der Börse Geld verdienen kann oder nicht, sondern nur, wie viel man verdiente.

Eine wahnsinnige Zeit. Wie geschaffen für einen mittellosen BWLer mit dem Traum vom großen Geld. Dieser musste zunächst aber warten, denn wie gesagt: Ich war mittellos. Also mussten zunächst Demokonten herhalten. 1999 »verdiente« ich mit diesen ordentlich und so konnte ich meinen ersten realen Trade im März 2000 gar nicht abwarten. Ich hatte mir einiges Kapital zusammengespart und war für die reale Million bereit!

Was mir damals keiner sagte, war, dass die goldenen Zeiten bereits wieder vorbei waren. Der große Hype, in dem sogar alte Hasen meinten, die Gesetze der Börse gelten nicht mehr, war bereits vorbei, bevor ich meinen ersten realen Trade platzierte. Sie können sich vorstellen, was im Anschluss passierte! Im Musterdepot war ich ein König, real auch, nur auf der falschen Seite. Natürlich war es einerseits frustrierend, Geld zu verlieren, andererseits aber stachelte es mich nur noch mehr an. Für mich war die Börse eine Welt, die erkundet werden wollte. Ich liebte es schon damals, Probleme zu lösen, und hier tat sich die größte Herausforderung meines bisherigen Lebens auf. Die Börsenwelt wollte von mir erschlossen werden – und natürlich wollte ich auch mein Geld wiederhaben.

Welche Basiswerte (Aktien, Indizes, Edelmetalle, Währungen etc.) handelst du und warum?

Von den Anfängen bis heute hat sich in meinem Leben und damit auch in meinem Trading viel getan. Aktuell trade ich gerne Indizes im Intraday-Handel. Das war aber nicht immer so und ich würde auch nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass es immer so bleibt. Momentan passt es einfach. Und wer weiß, was morgen sein wird. Dies mag sich planlos und chaotisch anhören, ist es aber nicht. Um dies zu verstehen, müsste ich mich jetzt dem Thema »Tradingnische« zuwenden. Ich greife diesen Aspekt in meinem Theorieteil dieses Buches auf. Dann dürfte deutlich werden, warum dieser Markt und dieser Zeitrahmen. Eines kann ich Ihnen aber bereits jetzt sagen: Die Wahl ist nicht deshalb so getroffen worden, weil es sich bei dieser Kombination um die beste Kombination mit dem maximalen Gewinn aller Möglichkeiten handelt – zumindest nicht aus objektiver Sicht.

Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass ich kein Fulltime-Trader bin. Hier soll kein falscher Eindruck entstehen. Ich liebe die Börse und das Trading und habe beides zu meinem Beruf gemacht. Das Trading ist jedoch nur ein Teil davon. Auf Godmode habe ich die Möglichkeit, mein Wissen als Coach weiterzugeben. Eine weitere Passion meinerseits. Und natürlich gibt es auch noch die tägliche Analysetätigkeit oder Projekte wie dieses Buch, die meine Zeit in Anspruch nehmen. Genau dieser Mix gefällt mir derzeit am besten.

Mit welchen Instrumenten (Aktien, Zertifikate, CFDs, Futures etc.) handelst du und warum?

Mit welchen Produkten ich handle, hängt natürlich davon ab, in welchem Markt ich aktuell unterwegs bin. Im derzeitigen Index-Intradayhandel setze ich gerne CFDs ein, jedoch wurden hier auch schon Futures gehandelt. CFDs haben gegenüber dem DAX-Future bspw. den Vorteil, kleinere Stückelungen zuzulassen, wodurch man die Positionsgröße besser auf sein Konto & Co abstimmen kann. Aber mit dem Mini-DAX-Future ist vielleicht Konkurrenz unterwegs, sofern dort ein akzeptables Handelsvolumen und ein enger Spread an der Tagesordnung sind. Sie sehen, ich bin auch in diesem Bereich flexibel und passe das Produkt meinen aktuellen Rahmenbedingungen und Wünschen bzw. Zielen an.

Traden und Investieren – Widerspruch oder Ergänzung?

Wenn wir es genau nehmen, ein Widerspruch. Ein Trader geht anders vor als ein Investor. Um im Trading erfolgreich zu sein, sind andere individuelle Eigenschaften notwendig als im Investitionsbereich. Offensichtlich wird dies hinsichtlich der eigenen Geduld. Ein Investor muss in der Lage sein, lange zu warten: sowohl auf den passenden Einstieg als auch auf die Realisierung seiner Gewinne. Er begleitet sein Investment geduldig über viele Jahre. Natürlich muss auch ein Intraday-Trader, um ins andere Extrem zu wechseln, ein gewisses Maß an Geduld mitbringen, aber dies sieht um einiges anders aus. Als Intraday-Trader ist man viel aktiver und die Zeiträume sind viel kürzer. Der entscheidende Punkt ist nun der, dass jeder von uns eine gewisse Präferenz hat. In der Regel können wir nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen, was wir aber können müssten, um in beiden Bereich gleichermaßen erfolgreich zu sein. Bleiben wir wissenschaftlich, dann würden sich Traden und Investieren beispielsweise im Sinne der Portfoliotheorie perfekt ergänzen, praktisch aber wird das zu Komplikationen führen. Ein Thema, auf das ich ebenfalls noch zu sprechen komme.

Technische Analyse versus Fundamentalanalyse – schließen sich die beiden Methoden aus?

Ja und nein! Wir bleiben bei dieser Frage in der gleichen Problematik wie bei der Frage nach »Investition oder Traden«. Rein objektiv gesehen können sich beide Methodiken wunderbar ergänzen, müssen dies aber nicht. Wenn ich der Technischen Analyse absolut skeptisch gegenüberstehe, werde ich sie wahrscheinlich nie gewinnbringend einsetzen können.

Mit welchen Ansätzen Ansatz analysierst du die Märkte?

Begonnen habe ich wie so viele andere Anleger und Trader mit der Fundamentalanalyse. Es ist einfach naheliegend. In der Regel stößt man zuerst auf diese Möglichkeit, an der Börse Entscheidungen zu treffen. Zudem erscheint sie einem logisch. Die Aktien eines Unternehmens, welches gerade einen neuen Rekordgewinn verzeichnet, sollten doch steigen, oder? Das muss doch einen positiven Effekt auf den Kurs haben! Bei mir kam hinzu, dass ich natürlich auch in meinem Studium eher mit fundamentalen Ansätzen in Berührung kam.

Lange aber hat sich die Fundamentalanalyse bei mir nicht halten können. Bereits im Aktienbereich, den ich damals tradete, merkte ich, dass die Kurse sich einerseits ständig bewegten, es aber andererseits nicht immer Nachrichten zum Unternehmen gab. Zudem war die logisch zu erwartende Reaktion auf eine Nachricht nicht immer die, die man tatsächlich in den Kursen sah. Rekordgewinn von Daimler und der Kurs fällt? Wie passt das zusammen?

Eine für mich problematische Beobachtung. Im Trading geht es darum, Entscheidungen zu treffen. Mein Anspruch war zudem, relativ schnell für meine Entscheidung belohnt zu werden. Ich kaufte eine Aktie nicht deshalb, weil ich davon ausging, sie steht in einem Jahr eventuell höher. Ich kaufte deshalb, weil ich davon ausging, dass die Aktie jetzt steigen kann. Wenn nicht jetzt, sondern erst in ein paar Tagen oder Wochen, dann hätte ich ja auch noch warten können. Mit diesem Ziel vor Augen hat es die Fundamentalanalyse schwer, zur Entscheidungsfindung beizutragen. Langfristig richten sich die Aktienkurse nach ihrem fairen Wert und schwanken um diesen herum, ohne Zweifel. Zum Timing aber ist die Fundamentalanalyse nicht geeignet – erst recht nicht in meinem derzeitigen Intraday-Handel. Der Deutsche Aktienindex (Future) wird jede Sekunde dutzendfach gehandelt, was zu Preisveränderungen führt. Dahinter stecken viele, aber nicht ständig neue Nachrichten. Vor diesem Hintergrund musste ich mich nach einer anderen Methodik umschauen, womit ich schnell bei der Charttechnik landete.

Welches sind aus deiner Sicht die drei wichtigsten Regeln, die ein dauerhaft erfolgreicher Trader beachten muss?

So interessant diese Frage für alle Leser wahrscheinlich ist, verweigere ich an dieser Stelle eine Antwort. Warum, werden sie auf den folgenden Seiten erfahren, aber so viel sei gesagt: Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, der Erfolg ließe sich auf drei Dinge reduzieren. Dauerhafter Erfolg ist mit einem funktionierenden Getriebe gleichzusetzen und in diesem gibt es mehr als drei Zahnräder. Es ist völlig egal, ob nun ein großes oder ein kleines Zahnrad defekt ist; sobald eines defekt ist, steht das Getriebe still.

Das Erfolgsgeheimnis an der Börse – bitte auf einen einzigen Satz reduziert!

Erfolg hat, wer der Realität der Börse fest in die Augen schauen kann, sein Tun darauf abstellt und diszipliniert die nötigen Schritte geht.

Willkommen im Spiel der Spiele

Die Eintrittsbarrieren zum Spiel aller Spiele sind heute so niedrig wie noch nie, aber nur weil für jeden ein Platz am Spieltisch frei ist, heißt dies noch lange nicht, dass das Spiel einfach ist. Wer sich nicht auf sein Glück verlassen und über einen längeren Zeitraum an der Börse gewinnen will, muss sich (aus-)bilden. Ein angehender Investor oder Trader muss wissen, worauf er sich einlässt, welchen Wert (Trading-)Strategien besitzen, welche Rolle er selbst spielt und was das Risiko- und Moneymanagement für ihn erreichen kann. Nur wer all diese Bereiche meistert, wird zu den Siegern zählen. Die folgenden Zeilen sollen Ihnen helfen, dies zu erreichen. Aber Obacht, erfolgreich an der Börse ist nicht der, der viel weiß, oder der, der das richtige Wissen angehäuft hat, sondern ausschließlich der, der das richtige Wissen anzuwenden versteht. Etwas zu wissen heißt noch lange nicht, etwas zu können! Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf die grundlegenden Bausteine erfolgreichen Handelns werfen, bevor Sie sich an die Märkte wagen. Gleichzeitig soll Ihnen dieser Beitrag helfen, die im weiteren Verlauf des Buches vorgestellten Strategien & Co. richtig einzuordnen.

Die gemeinsame Basis erfolgreicher Trader

Wer zum ersten Mal mit der Börse in Kontakt kommt, findet meist eine einfach und spannend erscheinende Welt vor. Etwas überspitzt formuliert klickt man heutzutage ein wenig mit der Maus herum und schon rollt der Rubel. Was soll daran so schwer sein?

Eine berechtigt erscheinende Frage, aber spätestens nach den ersten Fehltrades wird man hellhörig. Ja, an der Börse kann man auch verlieren und das passt den meisten gar nicht. Dies ist der Zeitpunkt, an dem einem klar wird, dass es noch etwas zu lernen gibt. Von diesem Gedanken getrieben, schaut man sich um und einer anfänglichen Euphorie folgt schnell der erste Hammer: Wo in aller Welt soll ich bloß anfangen? Das Internet und die Literatur sind vollgestopft mit angeblich wichtigen Dingen rund um das Trading, aber was ist wirklich wichtig und was nicht?

Ohne Zweifel ist das Spielfeld Börse extrem groß. Anleger gehen anders vor als Intraday-Trader! Fundamentalorientierte Investoren achten auf Entwicklungen im Unternehmen, der Charttechniker auf den Kursverlauf. Selbst unter den »Charties« gibt es gewaltige Unterschiede. Was verständlicherweise für einen Lernenden verwirrend ist, hält für uns gleich zwei Erfolgsgeheimnisse parat:

1.Allein die Tatsache, dass es unterschiedliche Vorgehensweisen gibt, die alle gleichermaßen genutzt werden, sollte zeigen, dass die absolute Frage nach besser oder schlechter schwierig zu beantworten ist. Gäbe es objektiv betrachtet ein »Besser als«, würden dann nicht alle anderen Ansätze über kurz oder lang verschwinden?

2.Ist Ihnen schon aufgefallen, dass es in jeder Gruppe erfolgreiche Trader gibt?

Nehmen Sie sich die Zeit, ein paar Minuten über diese beiden Aspekte nachzudenken. Tun Sie sich diesen Gefallen, denn nur so sind Sie offen für eine der wichtigsten Erkenntnisse rund um das Trading:

Es sind nicht die Details, die erfolgreich machen, da sich diese von Trader zu Trader unterscheiden. Erfolgreich machen die Dinge, die allen »Tradern« unterschiedlichster Couleur gemein sind. Auf die wichtigsten dieser Gemeinsamkeiten werden wir auf den folgenden Seiten zu sprechen kommen.

Chaotisch-komplexes System Börse

Alle erfolgreichen Trader wissen, worauf sie sich einlassen. Sie wissen, was die Börse ausmacht. Im Mittelpunkt dieser Überlegungen steht weniger die wissenschaftliche Definition der Börse und die Beschreibung all ihrer Aufgaben und Funktionen, sondern vielmehr das richtige Verständnis dafür, welche Konsequenzen sich aus dem ständigen Wechselspiel von Angebot und Nachfrage ergeben. Schnell wird klar, dass Angebot und Nachfrage das Resultat unendlich vieler Entscheidungen sind, die wiederum auf unendlich vielen Gründen/Ursachen basieren. Die Börse wird damit zu einem chaotisch-komplexen System1 und dies ist dem Profi nicht nur bekannt und bewusst, sondern er stimmt seinen Handel darauf ab. Statt beispielsweise dem heiligen Gral in Sachen Strategien nachzulaufen, akzeptiert er, dass Verluste zum Trading dazugehören. Sie sind einfach eine von vielen Folgen des chaotisch-komplexen Marktes.

Für viele angehende Trader sind die Folgen chaotisch-komplexer Systeme, bedingt durch deren Eigenschaften, ein herber Schlag ins Gesicht. Wer erfolgreich sein will, muss diesen Umstand aber akzeptieren und lernen, sich in einem solchen Umfeld »sicher« zu bewegen. Dies wird umso schwerer fallen, desto eher man dachte, die Börsenkurse würden klaren Regeln oder gar naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten folgen.

Mit einer solchen Ansicht die eigene Tradingkarriere zu starten ist normal. Unser Leben ist von Regeln und eindeutigen Aktions-Reaktions-Mechanismen nur so durchzogen. Dies beginnt bei physikalischen Gesetzmäßigkeiten und hört bei der deutschen Gesetzgebung noch lange nicht auf. Überall treffen wir auf Gesetze, Regeln, Verhaltensnormen und Vorschriften, die uns sagen, was zu tun ist, um ein prognostizierbares Ergebnis zu erhalten. Wir lernen solche »Regelwerke« von Geburt an ein Leben lang. Und ganz wichtig: Sie begleiten uns perfekt durchs normale Leben. Jedem Kleinkind wird erklärt, wie es sich beim Überqueren einer Straße zu verhalten hat. Wer sich an diese Regeln hält, kann eindeutige Ergebnisse erwarten, immer und immer wieder. Das Kleinkind kommt sicher über die Straße!

Ein immer gleicher Ablauf führt zum immer gleichen Ergebnis. Bei einer solchen »Erziehung« ist es nur logisch, dass Einsteiger die Börse analog betrachten und angehen. Nur leider treffen sie hier auf eine Welt, die chaotisch-komplex ist. Überspitzt formuliert ist an der Börse jederzeit alles möglich! Das Ergebnis ist unsicher, egal mit welcher Methodik sie arbeiten werden. Profis suchen nicht nach der sicheren Formel, sondern akzeptieren die Unsicherheit der Märkte und haben gelernt, sich in diesem Umfeld zu bewegen.

Viele von Ihnen werden an dieser Stelle vielleicht sagen: »Das ist doch klar. Ich weiß, dass die Börse nicht sicher ist«, aber meine Erfahrung als Tradingcoach zeigt immer wieder: Diese Tatsachen zu kennen ist das eine, sie zu akzeptieren und, viel wichtiger, sein eigenes Tun darauf abzustellen ist, das andere!

Strategien und ihr wirklicher Nutzen

Sofern Sie dem Aspekt, dass die Börse ein chaotisch-komplexes-System ist, an dem jederzeit alles passieren kann, gedanklich folgen, werden Sie nicht lange brauchen, um sich die Frage zu stellen, wozu Sie denn überhaupt eine Strategie benötigen. Eine berechtigte Frage, zu deren Klärung wir zunächst den Begriff der Strategie definieren müssen. Anschließend werden wir sehen, welchen Nutzen uns eine Strategie bringen kann – auch in einem unsicheren Umfeld. Behalten Sie diesen Nutzen immer im Hinterkopf, wenn Sie sich dem Thema Strategien widmen – auch in diesem Buch. Verlieren Sie ihn nie aus den Augen, um nicht Dinge von einer Strategie zu erwarten, die sie gar nicht liefern kann.

Als Strategie bezeichnen wir ein mehr oder minder klar formuliertes Regelwerk, welches uns sagt, was wir in welchem Markt, wann und wie tun sollen. Eine Strategie beschreibt, welche Märkte gehandelt werden. Sie sagt uns, in welchem Zeitrahmen wir handeln, wann wir einsteigen, wo und wie wir unsere Risiken begrenzen und wie wir mit offenen Positionen umgehen werden. Eine Tradingstrategie umfasst folglich wesentlich mehr als nur die Frage nach dem Einstieg. Trotzdem bleibt die Frage, wozu wir ein solches Regelwerk brauchen, wenn sich die Märkte im Sinne eines komplex-chaotischen Systems relativ wenig darum kümmern. Die Antwort darauf ist vielschichtig:

1.Eine Linie im Sand: Uns fällt es schwer, uns in einem chaotischen Umfeld zurechtzufinden. Wir brauchen eine gewisse Ordnung, um Entscheidungen treffen zu können. In dem Moment, wo wir auf Strategien zurückgreifen, ziehen wir eine Linie im Sand, an der wir uns orientieren können. Aus einem planlosen Handel wird ein geplanter, zielgerichteter Handel. Wir selbst setzen uns Grenzen, die es an der Börse so nicht gibt. In der Summe wirkt sich allein das Vorhandensein einer Strategie, wie immer die auch im Detail aussieht, positiv auf die Erfolgschancen eines Trades aus.

2.(Globale) Vorteile sichern: Auch wenn die Börse ein chaotisch-komplexes System ist, lassen sich zumindest ansatzweise Vorteile finden. So haben Aktien beispielsweise eine sehr hohe Chance, auf langfristige Sicht zu steigen. Diesen Vorteil können Anleger für sich nutzen, indem sie Aktien grundlegend nur kaufen und diese langfristig halten. Dabei ist das Tradingkapital auf viele Einzelaktien aufzuteilen, um die Risiken zu streuen. Bedingt durch den chaotisch-komplexen Markt können wir heute zwar nicht genau sagen, wann welche Aktie im Plus stehen wird und welche es nicht geschafft hat, aber in der Summe aller Aktien sollte unser Depot im positiven Bereich stehen. Solche Vorteile lassen sich überall finden und es gilt, sie mit konkreten Strategien einzufangen. Zu betonen ist jedoch noch einmal, dass diese Vorteile kleiner sind, als die meisten erwarten.

3.Erfahrung sammeln: Wenn im Markt auf Basis starrer Regeln nur überschaubare Vorteile existieren, spielen die eigenen Erfahrungen eine entscheidende Rolle. Um Erfahrung aufzubauen, brauchen wir einen verifizierbaren Rahmen, eine Orientierung. Genau diese schaffen wir mit Strategien.

4.Disziplinierende Maßnahme: Disziplin ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Trader und Investor. Er darf sich nicht von den ständigen Verlockungen der Börse verleiten lassen und seinen Emotionen nachgeben. Wer in einer emotional angeschlagenen Situation keine Regeln hat/kennt, wird seiner Emotion wesentlich schneller nachgeben. Und emotionales Trading ist selten ein profitables Trading. Verstehen Sie mich nicht falsch, eine Strategie schützt nicht vollumfassend vor mangelnder Disziplin, aber ohne Verhaltensregeln herrscht das Chaos.

5.Information Overload: Die Informationsflut an der Börse ist enorm. So groß, dass wir sie nicht verarbeiten können. Als Trader muss man sich spezialisieren und in diesem Zusammenhang in der Lage sein, andere Dinge auszublenden. Gelingt dies nicht, ist man als Trader zwischen Pro und Kontra hin- und hergerissen, denn Gründe dafür, etwas zu tun oder zu unterlassen, gibt es immer. Ein Versuch, all diese Gründe unter einen Hut zu bringen, überfordert uns und so begrenzen wir die Informationsflut auf einen für uns überschaubaren Teil: die Bestandteile unserer Strategie.

6.Das gute Gefühl: In einer Welt zu agieren, die wir nicht kontrollieren können, vermittelt uns ein Gefühl von Hilflosigkeit, eventuell sogar Angst. Eine Strategie bewirkt zumindest eine Scheinsicherheit, die uns agieren und reagieren lässt.

Sie sehen also, auch wenn sich die morgigen Börsenkurse nicht sicher vorhersagen lassen, macht es Sinn, an der Börse nicht planlos zu agieren. Strategien zu nutzen bringt einige Vorteile mit sich, die nicht nur in Form von Gewinnen daherkommen. Gerade die nicht geldwerten Vorteile machen Strategien für Trader so wertvoll. Ein Umstand, der von vielen Tradingeinsteigern unterschätzt, ja oft sogar nicht gesehen wird.

Wie bereits erwähnt, stellen Strategien auch keine Wunderwaffen auf der Jagd nach Gewinnen dar. Sie können oft nicht das leisten, was gerade Tradingeinsteiger von ihnen erwarten. Diese Aussage möchte ich mit kleinen Systemtests auf Basis des Supertrend-Indikators unterstreichen. Ich hoffe, Ihnen damit die Augen zu öffnen, sodass Sie nicht jahrelang falschen Träumen nachjagen.

Der Supertrend-Indikator war/ist unter privaten Tradern äußerst beliebt. Der Name alleine ist bereits verlockend und verspricht Reichtum für alle. Ich möchte weder den Indikator noch die potenziellen Einsatzmöglichkeiten an dieser Stelle im Detail besprechen, sondern vielmehr einige Erkenntnisse im Zusammenhang mit diesem präsentieren. Wie der Name schon vermuten lässt, ist der Supertrend-Indikator ein Trendfolger, aus dem heraus Kauf- und Verkaufssignale abgeleitet werden können. Hätten wir die klassische Interpretation des Indikators im DAX-Kursindex von 1999 bis 2016 angewendet, wäre das Ergebnis ernüchternd, wie Abbildung 1 zeigt.

Abbildung 1: Handelsstrategie & -performance auf Basis des Supertrend-Indikators

Unschwer zu erkennen ist, dass über die Zeit hin zwar ein Gewinn vor Kosten von ca. 3000 DAX-Punkten eingesammelt werden konnte, sich der Aufwand aber nicht lohnte. Eine »Buy and Hold«-Taktik wäre nicht nur ruhiger, sondern auch profitabler gewesen. Der Performancereport (nicht abgebildet) zeigt zudem, dass die Strategie mit einer Trefferquote von nur 40,82 Prozent nicht verlässlich ist. Sowohl der Gewinn (Kontoverlauf) als auch die Trefferquote sind weit von den Erwartungen entfernt, die für gewöhnlich bei Tradingeinsteigern hinsichtlich der Leistungsfähigkeit von Strategien anzutreffen sind. Der Supertrend-Indikator mag in Mode sein, aber er hält nicht das, was man sich erhofft.

Kritiker könnten anmerken, dass dies ja nur ein Test sei, dessen Ergebnisse sicherlich nicht verallgemeinert werden dürfen. Ein berechtigter Einwand, der sich mehr und mehr zerstreut, wenn Sie sich weitere Systemtests und/oder Optimierungen vornehmen. Ich möchte Sie an dieser Stelle auf den Bereich »Einsteiger & Wissen« von Godmodetrader.de2 verweisen. Dort finden Sie viele meiner »Systemtests«, welche die hier aufgeführten Punkte praktisch untermauern. Auch wenn die Wahrheit unbequem ist, sollte man sie nicht ignorieren: Die Vorteile von Strategien wachsen statistisch gesehen nicht in den Himmel! Der Heilige Gral ist auch an der Börse ein Mythos. Suchen Sie also erst gar nicht danach, sondern nutzen Sie Strategien aus den bereits angesprochenen Gründen.

Die Tradingnische

Wir sind weiterhin dabei, die Dinge herauszuarbeiten, die allen erfolgreichen Tradern gemeinsam sind. Festhalten können wir bisher, dass erfolgreiche Trader das richtige Verständnis mitbringen, was die Börse tatsächlich ist und welchen Nutzen in diesem Umfeld Strategien besitzen. Diese Ansichten sollten auch Sie sich zu eigen machen. Alle erfolgreichen Trader handeln darüber hinaus in einer Art und Weise, die ihrer Persönlichkeit entgegenkommt. Sie handeln in ihrer ganz persönlichen Tradingnische.

Wie wichtig das Agieren in der eigenen Nische – oder nennen Sie es im eigenen Wohlfühlbereich – ist, haben Sie wahrscheinlich alle schon selbst erlebt. Dieses Erfolgsprinzip ist nicht auf die Börse begrenzt, sondern erstreckt sich über unser gesamtes Leben. Erfolgreich zu werden/sein heißt, Arbeit, Zeit und Energie aufzuwenden, Hürden zu überwinden und Täler zu durchschreiten. Dazu werden Sie nur bereit sein beziehungsweise es wird Ihnen umso leichter fallen, je weniger Sie den Weg als Belastung empfinden. Je mehr Sie sich quälen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Sie in diesem Bereich erfolgreich sein werden. Denken Sie nur einmal an Ihre Lieblingssportart oder Ihren Job. Mit welchem Elan gehen Sie Dinge an, die Ihnen Spaß machen, und wie müssen Sie sich quälen, wenn Sie zu der erledigenden Tätigkeit eigentlich keine Lust haben? Zwingen Sie den weltbesten DAX-Intraday-Trader zum langfristigen, aktiv gemanagten Aktieninvestment, werden Sie wahrscheinlich erleben, wie ein Profi baden geht. Das Prinzip der Tradingnische ist der Grund, warum so viele erfolgreiche Trader in so unterschiedlichen Märkten mit so unterschiedlichen Strategien agieren. Jeder macht das, was er quasi am besten kann.

Das Prinzip der »Nische« ist für Ihren Erfolg, egal in welchem Bereich, essenziell! Damit ist klar, welche Aufgabe Sie als angehender Trader möglichst zu Beginn Ihrer Karriere erledigen sollten. Eine Ihrer ersten Aufgaben besteht darin, Ihre Tradingnische aktiv zu suchen. Dazu sind im Grunde zwei Dinge nötig: zu wissen, wer man ist und was die Börse zu bieten hat. Anschließend können Sie eine Entscheidung treffen. Die folgenden Abschnitte sollen Ihnen dabei helfen.

Wer bin ich?

Wo sich viele Möglichkeiten bieten, kann jeder seine zur Verfügung stehenden Ressourcen ideal einsetzen. Dazu muss man jedoch wissen, welche Ressourcen einem zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des Tradings gibt es einige Ressourcen, die von zentraler Bedeutung sind, da sie als limitierende Faktoren auftreten. Dazu zählen beispielsweise die Zeit und das Kapital. Es mag zwar verlockend klingen, intraday handeln zu wollen, aber wenn Sie dafür nicht die Zeit haben, bleibt Ihnen nur, sich diese zu schaffen oder aber sich nach einem anderen Handel umzuschauen. Es wäre nicht nur für Ihr Konto mehr als gefährlich, sich für das Intraday-Trading zu entscheiden, gleichzeitig aber immer noch als Berufskraftfahrer zu arbeiten. Im Sekundentakt die Maus zu bedienen und ein Fahrzeug zu lenken passt irgendwie nicht zusammen.

Auch das Kapital ist für viele Trader ein oftmals limitierender Faktor. Die meisten treffen im Zusammenhang mit Aktien das erste Mal auf das Thema Börse und so ist es nur logisch, dass viele Trader sich diesem Markt zuwenden wollen. Dies wird mit einem 10.000- oder auch 20.000-Euro-Konto jedoch nicht möglich sein. Man müsste zu viele Kompromisse eingehen, und das in einem Umfeld, das bereits genug Schwierigkeiten mit sich bringt.

Sie sollten an dieser Stelle auch einen Blick auf Ihre Stärken und Schwächen werfen. Eine Selbsteinschätzung fällt nicht immer leicht, ist aber notwendig. Sie können die Frage auch an gute Bekannte und Verwandte weiterreichen, aber Vorsicht: Die Antworten könnten missfallen. Bei der Selbsteinschätzung sollten Dinge zur Sprache kommen wie Risikoneigung, Geduld, Disziplin, Verzicht, Selbstvertrauen, Recht haben wollen und so weiter. Fassen Sie Ihre Erkenntnisse beispielsweise in einer kleinen Mindmap zusammen, wie sie in Abbildung 2 dargestellt ist. Greifen Sie dabei alle Dinge auf, die Ihnen wichtig erscheinen und die sich auf Ihr Trading auswirken können, auch wenn sie nicht direkt hier besprochen wurden. Es gibt kein Richtig oder Falsch.

Abbildung 2: Mindmap Businessplan/Tradingnische

Was hat die Börse zu bieten?

Zu wissen, wer man ist, ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der Gegenseite müssen Sie wissen, was die Börse zu bieten hat. Die hier vorgenommene Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, spricht jedoch grundlegende Aspekte an.

Märkte

Sie können theoretisch Aktien, Indizes, Währungen, Rohstoffe, Anleihen und Exoten handeln. All diese Assetklassen benötigen unterschiedliche Voraussetzungen. Der Aktienhandel erfordert beispielsweise in der Regel mehr Kapital als der Forex-Markt. Während Sie bei Letzterem in Verbindung mit einem passenden Broker bereits mit einem 500-Euro-Konto professionell und ohne Einschränkungen handeln könnten, wird Ihnen das im Aktienbereich nicht gelingen. Selbst wenn Sie einen Hebel einsetzen, haben Sie keine Chance, ein vernünftiges Tradinggeschäft in Aktien mit nur 500 Euro Kapital aufzubauen. Gerade das Kapital stellt bei der Marktauswahl oft einen limitierenden Faktor dar, sodass Sie an diesem Punkt ansetzen können. Auch der persönliche Geschmack spielt hierbei natürlich eine Rolle, den Sie letztlich aber hintanstellen müssten, wenn es absolut nicht passt.

Vielleicht werden Ihnen bei dieser Aufzählung vermeintlich wichtige Märkte fehlen. Was ist zum Beispiel mit Zertifikaten oder CFDs? Die Antwort ist denkbar einfach: Zertifikate jeglicher Couleur sind genauso wenig wie CFDs, Optionen, ja selbst Futures eigenständige Märkte im hier verstandenen Sinne. Es sind lediglich derivative Produkte, mit denen wir als Trader die eigentlichen Märkte wie Aktien & Co. handeln können. Sofern Sie Derivate nutzen, sollten Sie diese bis ins Detail kennen, aber zu den Märkten im engeren Sinne gehören Zertifikate & Co nicht.

Der Anlagehorizont

Ähnlich groß ist die Auswahl auch innerhalb des »Anlagehorizonts«. Vom ultralangfristigen Investieren bis hin zum ultraschnellen Hochfrequenzhandel ist alles möglich. Auch hier muss sich der Trader entscheiden, welcher Horizont am besten zu ihm passt. Dieser Punkt korrespondiert mit der Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit und einigen Charaktereigenschaften wie Ihrer Geduld oder Ihrer grundlegenden Aktivität. Ein ungeduldiger Mensch sollte sich nicht unbedingt zum Langfristtrading zwingen, genauso wenig wie ein tendenziell aktiver Mensch.

Der grundlegende Tradingstil

Der Tradingstil beschreibt Ihr grundlegendes Vorgehen. Im Mittelpunkt stehen Basisüberlegungen vor allem dazu, wie Sie mit offenen Positionen umgehen, während Details innerhalb des Tradingstils im Rahmen der konkreten Strategie geklärt werden. Jeder der drei vorgestellten Tradingstile verlangt vom Händler ein anderes Stärke-Schwäche-Profil und andere Voraussetzungen. Was würde am besten zu Ihnen passen?

Das Trend-Trading

Das Trend-Trading ist das eine »Extrem« der Tradingstile. Innerhalb des Trend-Tradings geht der Trader eine Position ein, um diese möglichst lange zu halten. Dabei ist der Trader bereit, zwischenzeitliche Bewegungen gegen seine Tradingrichtung auszusitzen – in der Annahme, dass sich der Trend im Anschluss weiter fortsetzt. Das klassische Langfristinvestment gehört zu diesem Tradingstil. Explizit erwähnt werden muss, dass ein Trend-Trader nicht erst dann aktiv werden darf, wenn ein Trend bereits existiert. Vielmehr geht es um die erwartete Bewegung nach seinem Einstieg. Einige Ansätze aus dem Trend-Trading werden Sie in diesem Buch noch kennenlernen.

Die Vorteile des Trend-Tradings liegen auf der Hand und werden in Abbildung 3, dem Quartalschart des Dow Jones Index, deutlich: Am langen Ende haben Investoren gerade im Aktienmarkt gute Chancen, zu gewinnen. Man muss die schwierigen Zeiten einfach nur durchstehen und darf nicht alles auf eine Karte setzen. Die Performance des Dow Jones Index ist einfach gigantisch und selbst die großen Krisen verblassen am langen Ende. Zudem ist das Investieren ein eher ruhiges Trading, in dem viel Zeit für Research und Entscheidungen bleibt.

Abbildung 3: Dow Jones Index Quartals-Chart

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Geduld sollte ein Investor schon mitbringen und zudem sollte er sich darauf einstellen, seinen Positionen ausreichend Spielraum zu geben und mit einer eher moderaten Trefferquote zu arbeiten. Als Investor kann man den langfristigen Vorteil nur dann realisieren, wenn man die zwischenzeitlichen Kursschwankungen »aussitzt«. Man wird wahrscheinlich eine ganze Reihe von Versuchen brauchen, um den ganz großen Move zu erwischen. Da man zudem nicht mit Sicherheit weiß, welche Aktien in entfernter Zukunft die großen Gewinner sein werden, muss man als Investor ein großes Portfolio aufbauen können, was wiederum eine hohe Anforderung an das zur Verfügung stehende Kapital stellt. Zudem darf der »Buy and Hold«-Ansatz nicht blind auf alle Märkte übertragen beziehungsweise muss für jeden separat abgestimmt werden.

Das Scalp-Trading

Mit dem Scalp-Trading wenden wir uns der anderen Seite der Tradingstile zu. Innerhalb des Scalp-Tradings wird oft gehandelt, dafür zielt der Trader aber auch nur auf kleine Gewinne je Trade ab. Schnell rein, schnell wieder raus, so heißt das Motto des Scalp-Traders, wobei dieser Tradingstil zuletzt durch den Hochfrequenzhandel sicherlich sein Extrem erreicht haben dürfte.

Scalp-Trader können in der Regel eine hohe Trefferquote vorweisen. Sie haben oft recht, was allein schon darin begründet liegt, dass kleinere Bewegungen wahrscheinlicher sind als große. Eine Aktie wird sich eher um 1 Prozent bewegen als um 5 Prozent oder gar um 50 Prozent. Diese hohe Trefferquote macht das Scalp-Trading für viele attraktiv. Hinzu kommt der Anschein, dass man Marktbewegungen besser ausnutzen kann. Warum nur von steigenden Aktienkursen wie der Langfristinvestor profitieren, wenn man zwischenzeitlich doch auch die Korrekturen gewinnbringend handeln könnte? In der Theorie eine gute Frage, praktisch jedoch sieht die Sache meist anders aus.

Was als objektiver Vorteil bleibt, ist die hohe Trefferquote, gepaart mit der Tatsache, nur kurz im Markt zu sein. Damit setzt man seine Positionen nur kurz dem Marktrisiko aus. Hinzu kommt der Umstand, dass man für das Scalp-Trading tendenziell weniger Kapital braucht, da die Stopps geringer sind.

Ein weiteres Kennzeichen des Scalp-Tradings ist die teils hohe Aktivität. Für von Natur aus aktive Menschen ein Vorteil, wer aber eher der behäbige Typ Mensch ist, könnte mit der Schnelligkeit des Scalp-Tradings überfordert sein. Sicherlich ist es gegenüber dem Trend-Trading auch eine gänzlich andere Art des Geldverdienens, wenn Sie täglich acht Stunden oder mehr vor dem Monitor sitzen und die Kurse Tick by Tick verfolgen müssen. Andererseits können Sie, wie bereits erwähnt, grundlegende Tradingansätze des Scalp-Tradings auch im Tages- und Wochen-Chart verwenden. Gemessen an der Anzahl der Kerzen halten Sie Positionen weiterhin nur kurz.

Das Swing-Trading

Angesiedelt zwischen dem Trend- und Scalp-Trading finden wir das Swing-Trading. Im Rahmen dessen versucht der Händler, wie der Name schon vermuten lässt, Marktschwünge mitzunehmen. Dabei akzeptiert er zwar gegen seine Tradingrichtung laufende Bewegungen, ist jedoch nicht ganz so großzügig wie der Trend-Trader. Auch möchte er seine Positionen länger als der Scalper halten, jedoch wiederum nicht so lange, wie der Trend-Trader. Als Swing-Trader versucht man quasi, den Mittelweg auszuloten.

Zusammenfassung Tradingstile

In Abbildung 4 sind die einzelnen Tradingstile in einem Beispiel noch einmal zusammengefasst. Wie Sie erkennen können, ist bei der Differenzierung zwischen Trend-, Swing- und Scalp-Trading vor allem das Trademanagement entscheidend: Wie geht man mit offenen Positionen um? Alle Trader steigen im Beispieltrade an der grünen Linie nahe einer Unterstützung ein. Während der Scalp-Trader seine Position noch am gleichen Tag schließt, setzt der Swing-Trader bereits auf eine etwas größere Bewegung. Der Trend-Trader jedoch legt noch mal eine Schippe drauf und hält die Position beispielsweise so lange, bis der Trend seiner Meinung nach beendet ist. Denken Sie bitte daran, dass Scalp- und Swing-Trader innerhalb des laufenden Trends mehrere Trades durchführen werden, auch wenn hier nur einer eingezeichnet wurde.

Abbildung 4: Tradingstile im Vergleich

Weitere Auswahlmöglichkeiten

Wie bereits einleitend geschrieben, sind die Auswahlmöglichkeiten, die uns die Börse bietet, riesig. Einige wichtige Möglichkeiten haben wir etwas ausführlicher angesprochen. Eine vertiefende Beschreibung aller Optionen würde den Rahmen dieses Buches um ein Vielfaches sprengen, aber ein paar Schlagworte möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben. So stünde beispielsweise die Frage im Raum, auf welcher Basis Sie Ihre Entscheidungen treffen wollen.

Sind es Fundamentaldaten, denen Sie vertrauen, oder ist es die Charttechnik oder ein Mix aus beiden? Diese Entscheidung wiederum zieht weitere Fragen nach sich, die geklärt werden wollen.

Wollen Sie Ihre Entscheidungen diskretionär treffen oder aber System-Trading betreiben? Im Rahmen des diskretionären Tradings nutzen Sie Basisstrategien, lassen sich aber Interpretationsspielräume. Zudem führen Sie die Trades selbst aus und beobachten live den Markt.

Im System-Trading hingegen könnten Sie quasi den Computer handeln lassen, wodurch sich Ihre Arbeit gänzlich von der des diskretionären Traders unterscheiden wird. Jetzt überwachen nicht mehr Sie den Markt, sondern Ihre Systeme und Technik. Zudem sind Sie ständig dabei, Ihre Systeme zu erweitern. Dem chaotisch-komplexen System Börse müssen Sie nämlich mit einem Mix unterschiedlicher Systeme begegnen.

Wo liegt Ihre Tradingnische?

Auf den vorangegangenen Seiten haben wir einen Blick auf Sie als Trader auf der einen Seite und die Möglichkeiten der Börse auf der anderen Seite geworfen. Nun ist es an Ihnen, eine Entscheidung zu treffen. Welche Kombination von Zeitrahmen, Markt und grundlegendem Tradingstil passt am besten zu Ihren Voraussetzungen? Wo fühlen Sie sich wie ein Fisch im Wasser und haben damit die besten Chancen, zu den Gewinnern zu zählen?

Nicht wenigen Tradern fällt eine Entscheidung für eine Tradingnische schwer. Das kann verschiedene Ursachen haben:

Die Einschätzung der eigenen Persönlichkeit bzw. der Möglichkeiten, die einem die Börse bieten kann, fällt schwer, weil Erfahrungswerte fehlen. Man weiß beispielsweise nicht, wie es sich anfühlt, Trend-Trading zu betreiben, und kann deshalb nicht entscheiden, ob dieser Tradingstil zu einem passt.
Greifen Sie sich in einem Musterdepot/Demokonto willkürlich einen Tradingansatz heraus und handeln diesen einige Wochen oder Monate. Setzen Sie das Trading so real wie möglich um. Dies bedeutet nicht nur, die Signale diszipliniert zu traden, sondern auch alle anderen mit dem Ansatz verbundenen Aufgaben zu erledigen. Dazu zählen beispielsweise Screening, Orderaufgabe, Research … Mit diesen Erfahrungswerten können Sie anschließend eine bessere Entscheidung treffen! Sie wissen jetzt, was Sie an diesem Tradingstil etc. störte und was Ihnen gefiel. Diese Einsichten nutzen Sie, um Ihre Tradingnische zu lokalisieren.

Angst, etwas falsch zu machen!
Die Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, ist völlig unbegründet. Niemand hat gesagt, dass Sie, einmal entschieden, nie wieder etwas anderes tun dürfen. Im Gegenteil. Die Gegenüberstellung der eigenen Stärken und Schwächen mit den Möglichkeiten, welches die Börse bietet, ist der Versuch, eine Abkürzung zu nehmen. Es ist jedoch kein unumstößlicher Prozess. Stattdessen wird sich im Laufe der Zeit immer wieder etwas ändern, das Sie zum Reagieren zwingen wird. Der Businessplan ist ein Arbeitspapier und kein in Stein gemeißeltes Gesetz. Je ehrlicher und genauer Sie den Businessplan erstellen, desto größer wird lediglich die Abkürzung sein, die Sie nehmen können.

Nichts will so richtig passen!
Eine Entscheidung zu treffen könnte auch deshalb so schwerfallen, weil einfach nichts wirklich passen will. Jeder Trader wird bei der Wahl seiner Tradingnische Kompromisse eingehen müssen. Damit stellt sich quasi nicht die Frage nach dem perfekten Deckel für Ihren Tradingtopf, sondern nach einem passenden. Je besser er passt, desto schöner, aber es muss und wird nicht alles perfekt sein. Schwierig wird es jedoch, wenn die Kompromisse überhandnehmen. Auch in diesem Fall werden Sie letztlich eine Entscheidung treffen müssen, wobei auch die Abkehr vom Handel eine Option darstellt. Wenn wirklich absolut nichts passen will, heißt dies auf gut Deutsch, dass Sie einfach nicht die notwendigen Voraussetzungen mitbringen, um erfolgreich zu handeln. Wollen Sie trotzdem am Spiel der Spiele teilnehmen und zu den Gewinnern gehören, müssen Sie die Voraussetzungen dafür schaffen. Im Rahmen externer Ungereimtheiten, wie zu wenig Kapital oder Zeit, kann dies eventuell einfach bewerkstelligt werden. Ich kenne einige Trader, die sich für das Intraday-Trading eine Auszeit vom normalen Berufsleben genommen haben. Vorher mangels Zeit nicht für das Intraday-Trading geeignet, können sie nun in dieser Tradingnische agieren. Externe Probleme (siehe Mindmap, Abbildung 2) zu lösen hat oft mehr mit Organisationstalent als Können zu tun.
Anders sieht die Sache aus, sollten auch im Rahmen interner Voraussetzungen (Stärken- und Schwächenanalyse) zu viele Kompromisse eingegangen werden müssen. Diese abzustellen heißt, seine Persönlichkeit zu ändern, und das ist ein schwieriges Unterfangen, wie wir im psychologischen Fachteil noch sehen werden.

Diese Beispiele zeigen, welche Probleme bei der Wahl der Tradingnische auftreten können, und beinhalten gleichzeitig einige Lösungsvorschläge. Am Ende aber müssen Sie eine Entscheidung treffen, wo Ihre Tradingnische liegt! Je besser sie passt, desto größer Ihre Erfolgschancen.

Zusammenfassung

Um an der Börse erfolgreich zu sein, gilt es viele Details zu klären. Diese anzugehen macht jedoch keinen Sinn, wenn die Basis des Erfolges nicht klar ist und der Trader diese an gänzlich falscher Stelle vermutet. Auf den vorangegangenen Seiten warfen wir deshalb einen Blick auf die Dinge, die allen erfolgreichen Tradern gemein sind. Mit dem richtigen Verständnis der Börse und dem Agieren in der ganz persönlichen Tradingnische wurden zwei essenzielle Erfolgsbausteine eines jeden Traders angesprochen, aus denen sich weitreichende Konsequenzen ergeben. Als angehender Trader tun Sie gut daran, es den Profis gleichzutun. Akzeptieren Sie die Börse als einen chaotisch-komplexen Ort und die damit verbundenen Konsequenzen hinsichtlich Gewinnen und Verlusten sowie der Leistungsfähigkeit von Strategien. Suchen Sie aktiv Ihre ganz persönliche Tradingnische. Je besser Ihnen beides gelingt, desto weniger Stolpersteinen werden Ihnen begegnen. Viele der in der Literatur diskutierten Schwierigkeiten privater Trader basieren direkt oder indirekt darauf, weder das richtige Verständnis für die Börse mitzubringen noch in seiner eigenen Tradingnische zu handeln.

Psychologische Aspekte des Tradings

Im vorangegangenen Abschnitt haben wir die Basis für Ihren Erfolg gelegt und Aspekte des Tradings thematisiert, die so nur selten besprochen werden. Das macht sie nicht weniger wichtig, im Gegenteil. Um zu verstehen, wie diese Erfolgsfaktoren wirken, welche Rolle Sie als Trader spielen und warum selbst jetzt noch nicht alles perfekt laufen muss/kann, müssen wir gedanklich einen Schritt zurückrudern. Für unser Gedankenexperiment spielt es gar keine Rolle, wie die Börse tickt und welche Anforderungen diese genau an Sie als Trader stellt. Entscheidend ist nur die Erkenntnis, dass die Börse den Ton angibt. Entweder Sie folgen diesem Ton oder Sie gehen unter! So einfach ist das. Die Börse ist, wie sie ist. Und Sie können sich diesen Bedingungen lediglich unterordnen. Wenn die Börse sagt, es geht links lang, dann geht es links lang, ob Ihnen das passt oder nicht! Wenn die Börse sagt, ich bin chaotisch-komplex, dann müssen Sie das akzeptieren, ob Ihnen das passt oder nicht. Mir ist schon bewusst, dass wir die Börse hier ein wenig personifizieren, was natürlich nicht der Realität entspricht, aber unter Umständen hilft es Ihnen, dem Gedanken besser zu folgen. Die Börse und alles, was dazugehört, ist der Chef im Ring. Sie folgen oder Sie werden suboptimale Ergebnisse erzielen. Je mehr Sie widersprechen, desto schneller steuern Sie Ihrem Untergang entgegen.